Glossar

Äon: jenseitige Welt; engelhafte Macht; auch: Ewigkeit.

Allegorische Schriftauslegung: Schriftauslegung, die über den Wortsinn der Schrift hinaus nach einer verborgenen Bedeutung sucht.

Apolytrosis: Erlösung, gnostisches Sakrament, das wahrscheinlich als Sterbesakrament zu interpretieren ist Katechismus, gnostischer.

Apokalypsen, gnostische: Literaturform, in der die Seele des Gnostikers in himmlische Sphären entrückt wird und durch Wissen zur Vergöttlichung gelangt Zostrianos, Allogenes, Melchisedek, Marsanes, Paraphrase des Seem, Poimandres.

Apokatastasis: Wiederherstellung des Pleroma am Ende der Zeit.

Apokryphon: Schrift, die Geheimlehre enthält.

Apostelakten: Sammlung von Taten und Erlebnissen der Apostel Apostelromane aus dem zweiten und dritten Jahrhundert.

Archonten: Mächte, die zwischen der jenseitigen und der irdischen Welt wohnen; versklaven Menschen.

Arkanpflicht: Gebot, empfangenes Wissen vor Unwürdigen geheim zu halten.

Askese: Enthaltsamkeit; ist für einige gnostische Richtungen und das Mönchtum zur Erlösung notwenig. Aufstiegsmysterium, sethianisches: Aufstieg der Seele während eines Gebetes oder einer Entrückung

Apokalypsen, gnostische in himmlische Sphären, wo Wissen mitgeteilt wird.

Autogenes: der Selbstgezeugte, Bezeichnung für den Sohn in der sethianischen Triade, Äon der Barbelo.

Barbelo: hoher bzw. höchster weiblicher Äon bes. in der Gnosis, sethianischen; Weltmutter, besteht aus den drei Äonen: Kalyptos Verborgener, Protophanes Zuersterscheinender und Autogenes Selbstgezeugter.

Barbelognostiker: gnostische Gruppierung der sethianischen Art, in der Barbelo eine Rolle spielt.

Basilides: christlicher Gnostiker erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts, wirkte in Alexandrien, Vertreter einer doketischen Christologie.

Brautsakrament: zentrales Sakrament in der Gnosis Philippusevangelium; ist Abbild der himmlischen Einheit des männlichen und weiblichen Prinzips Syzygie.

Buchstaben, magische: Aneinanderreihungen von Buchstaben zu magischen Zwecken.

Demiurg: Jaldabaoth/Archigenetor Weltschöpfer, unterer Gott, Gott des Alten Testaments; wird in der Gnosis negativ beurteilt, was oft zur Protestexegese des Alten Testaments führt.

Dialogevangelium: Literaturform, in der der auferstandene Jesus seinen Jüngern in einem Dialog Wissen mitteilt.

Doketismus: Bestreitung des Leidens und Sterbens Christi durch die Gnostiker: Christus hat nur scheinbar gelitten.

Dualismus: Vorstellung von zwei entgegengesetzten Mächten.

Emanation: Ausfluß, Hervorbringung Monismus.

Epiphanius von Salamis: orientalischer Kirchenvater, Ketzerbestreiter ca. 315- 403.

Erlöster Erlöser: gnostischer Erlösermythos; besagt, daß auch der Erlöser der Erlösung bedarf, weil er in Unwissenheit geraten ist.

Erlösung: ereignet sich in der Gnosis durch Wissen/ Erkenntnis Apokalypsen, Aufstiegsmysterium, Katechismus, Dialogevangelium, Initation, Weckruf, Sakramente, Askese.

Eschatologie: Lehre von den letzten Dingen; Unterscheidung von Individualeschatologie postmortaler Seelenaufstieg und Universaleschatologie Weltvollendung, Apokatastasis.

Eusebius von Cäsarea: Bischof, Kirchenpolitiker ca. 263-339, zeichnet sich vor allem durch seine Kirchengeschichte aus.

Exzerpte aus Theodot: Zusammenstellung von Sprüchen, die von valentinianischen Gnostikern, u.a. von Theodot, stammen und bei dem alexandrinischen Theologen Klemens von Alexandrien überliefert sind.

Fall der Sophia: Durch die Hervorbringung ohne ihren Paargenossen veranlaßt Sophia die Entstehung der mangelhaften, materiellen Welt.

Fragekatalog: Sammlung von Fragen, die sich meist auf die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Menschen beziehen. Sie resultieren aus der gnostischen Sucherreligiosität und zielen auf die Selbsterkenntnis ab, die zur Erlösung führt.

Gewand: Merkmal des gnostischen Erlösers Polymorphie.

Gnosis: Erkenntnis; in gnostischen Texten oft Selbsterkenntnis.

Hermetik: philosophische Richtung in der Spätantike, die dem Mittelplatonismus und der Gnosis nahe steht.

Hippolyt: Kirchenvater und Ketzerbestreiter vor 170- ca. 235.

Ich-bin-Reden: Religiöse Sprachform, in der ein Erlöser sich in Ich-bin-Aussagen offenbart.

Initiation: Einweihung in Geheimnisse oder Riten.

Irenäus von Lyon: Ketzerbestreiter, bedeutender Kirchenvater in der zweiten Hälfte des 2. Jhd, Bischof von Lyon.

Jeu Bücher: gnostische Dialogevangelien aus dem Kodex Brucianus; zeigen Verwandtschaft zur sethianischen Gnosis.

Kanon: Sammlung heiliger Schriften, die eine normative Funktion hat. Die Gnostiker haben im Gegensatz zur katholischen Kirche des 2. Jahrhunderts einen Kanon abgelehnt.

Karpokrates: Sektenhaupt einer christlich libertinistischen Gnosisrichtung.

Katechismus, gnostischer: Katalog von Fragen und Antworten, dessen Kenntnis für den Gnostiker während des Seelenaufstiegs nötig ist.

Katholische Kirche des zweiten Jahrhunderts: Gegnerin der Gnostiker; auf sie geht letztlich der Kanon zurück. Wichtig in der Auseinandersetzung mit der Gnosis sind vor allem zwei Aspekte: der Schöpfergott ist der Erlösergott dagegen Demiurg; Protestexegese des Alten Testaments ; Christus hat wirklich gelitten dagegen Doketismus.

Klemens von Alexandrien: zusammen mit Origenes ca. 185- 253/ 54 bedeutender alexandrinischer Theologe. Er wirkte ca. 140- 211/ 215.

Kosmogonie: Weltentstehungslehre.

Konsubstantialität: besagt, daß der zu erlösende Gnostiker aus dem Göttlichen stammt.

Koptisch: ägyptische Sprache mit einer dem Griechischen verwandten Schrift.

,Kleine Formen`: Gebete etc., die in größere Literaturgattungen z.B. Apokalypsen eingefügt sind.

Mandäer: gnostische Taufsekte im Irak; existiert auch heute noch.

Manichäer: gnostisch gefärbte Religionsrichtung in der Antike, die von Mani 216- 276/ 77 begründet wurde.

Markus: christlicher Gnostiker 2. Jhd., Vertreter einer Buchstaben- und Zahlenspekulation; auch, der Magier` genannt.

Menschenklassen, drei: Aufteilung der Menschheit in materielle Menschen Hyliker, seelische Menschen Psychiker und geistige

Menschen Pneumatiker.

Missionsauftrag: Fester Bestandteil in gnostischen Literaturformen; Auftrag, die empfangene Offenbarung weiterzugeben Apokalypsen, gnostische; Dialogevangelium.

Mittelplatonismus: philosophische Strömung in der Spätantike, die auf die Schriften und Lehre Platos aufbaut; hatte Einfluß besonders auf die sethianische Gnosis.

monastisch: das Mönchtum betreffend; monastische Schriften im Nag Hammadi Korpus: Sextussentenzen, Lehren des Silvanus.

Monismus: Vorstellung, daß alles infolge von Hervorbringungen von einem Einzigen ausgeht.

Naassener: christlich- gnostische Strömung, die Schlangen verehrt auch: Ophiten.

Paargenosse: gegengeschlechtliche Entsprechung Syzygie.

paradoxe Rede: religiöse Rede, die von der Vereinigung gegensätzlicher Aussagen Gebrauch macht.

Paränese: Ermahnung.

Pistis Sophia: koptisch- gnostische Schrift aus dem Kodex Askewianus, die wie die ihr verwandten Jeu- Bücher ein Dialogevangelium ist.

Pleroma: Fülle, Gesamtheit der Äonen.

Polymorphie: Vielgestaltigkeit, häufiges Merkmal des gnostischen Erlösers; drückt die Unbeschreibbarkeit des göttlichen Wesens aus und ist für den gnostischen Erlöser Mittel, die feindlichen Mächte zu überwinden; die Vielgestältigkeit wird oft auch durch unterschiedliche Gewänder ausgedrückt.

Protestexegese des Alten Testaments: Auslegung des Alten Testaments, die Stellen, die in der kirchlichen Tradition negativ besetzt sind, positiv auslegt z.B. Sündenfall Demiurg, Schlange.

Ptolemäus an Flora: ethischer Brief eines valentinianischen Gnostikers der westlichen Schule an Flora über die Auslegung alttestamentlicher Gebote; überliefert bei Epiphanius.

Ruhe: höchstes gnostisches Heilsgut; gleichbedeutend mit dem Zustand des Erlöstseins und der Verschmelzung ins Pleroma.

Sakramente: religiöse Handlungen, die zur Erlösung führen Apolytrosis, Brautsakrament, Eucharistie, Salbung, Siegel, Taufe, Wiedergeburt.

Schlange: in der Gnosis Naassener positives Tier; bringt als Unterweiserin die erlösende Erkenntnis infolge der Protestexegese des AT Gen 3 und kann mit Christus identifiziert werden.

Seelenaufstieg: entweder Aufstieg der Seele nach dem Tod oder während einer Entrückung Aufstiegsmysterium.

Selbstbezeichnung der Gnostiker: Namen, welche die Gnostiker sich geben; zentrale Begriffe sind: a) ,nichtwankendes Geschlecht` Ruhe; b) der materiellen Welt ,Fremde`; c) ,Kleine`; d) ,vollkommene Auserwählte`; e) ,Einzelne`; f) ,königloses Geschlecht`

sethianische Gnosis: gnostische Richtung, die sich auf Seth als geistigen Vater bezieht; ist stark in Nag Hammadi vertreten Aufstiegsmysterium.

Simon Magus: legendärer erster Gnostiker, Gegner des Petrus in einigen frühchristlichen Schriften; nach den Ketzerbestreitern stammen alle gnostischen Lehrer und Schulen von ihm ab.

Soteriophanie: Erscheinung eines gnostischen Erlösers, in deren Zusammenhang oft heilsrelevantes Wissen offenbart wird.

Sucherreligiosität: religiöse Haltung des Gnostikers, die aus dem Streben nach der erlösenden Selbsterkenntnis resultiert (allegorische Schriftauslegung, Fragekataloge).

Synkretismus: Synthese aus unterschiedlichen philosophischen und theologischen Richtungen mit religiöser Zielrichtung.

Syzygien: Äonenpaare, vor allem in der valentinianischen Gnosis.

Theologie, negative: Beschreibung der höchsten Gottheit mit negativen Prädikaten; häufiger Topos in gnostischen Texten.

Triade, sethianische: Trinität in der sethianischen Gnosis, besteht aus Vater der unbekannte, unsichtbare Geist, Mutter Barbelo- Äon, Sohn Autogenes.

Unbekanntes, altgnostisches Werk: neben den Jeu--Büchern das dritte Werk im Kodex Brucianus; enthält eine Beschreibung des Himmels.

Valentinus: bedeutendster christlicher Gnostiker (ca.\ 135--160). Seine Schüler führen seine Lehren fort Spaltung in den westlichen Ptolemäus, Herakleon u.a. und in den östlichen Theodot, Markus Valentinianismus.

Vergessenheit: auch: Trunkenheit; beschreibt die Lage des Menschen, der durch den Weckruf zur Selbsterkenntnis erlöst werden muß; meist wird die Vergessenheit durch den Demiurgen aus Neid über den Menschen gebracht.

Weckruf: Ruf des gnostischen Erlösers, welcher den in Unwissenheit geratenen Menschen, wecken` soll.