Verschlußsache
Jesus? Über die Qumran-Rollen, falsche Behauptungen, deren Urheber und die
Hintergründe: Jesus und die Verwandlung der Materie. Eine kritische Analyse von
Armin Risi
Im Buch Machtwechsel auf der Erde wurde auf der
Grundlage alter und neuer sowie geheimer und verheimlichter Informationen eine
Analyse der gegenwärtigen und zukünftigen Lage der Menschheit vorgenommen,
sowohl in politischer (inkl. Geheimpoli-tischer) und wirtschaftlicher als auch
in okkulter, religiöser und spiritueller Hinsicht.
Eine wichtige Quelle war hierbei auch die Bibel, denn
an vielen Stellen im Alten und Neuen Testament werden konkrete Merkmale
genannt, die das Herannahen der «Endzeit» anzeigen werden. Die Tatsache, daß
diese Merkmale heute weltweit sichtbar werden, legt den Schluß nahe, daß sich
die Beschreibungen dieser Prophezeiungen auf die heutige Zeit beziehen. Die
besagte «Endzeit», so heißt es, werde in einer großen Drangsalzeit kulminieren;
während dieser Zeit werde ein großer Weltherrscher (das erste «Tier» mit dem
Namenszeichen 666) auftreten, der die gesamte verzweifelte Menschheit mit
seinen falschen Versprechungen unter seine Herrschaft bringen werde; in dieser
Zeit werde auch ein falscher Prophet oder Christus auftreten (das zweite
«Tier»), der in Zusammenarbeit mit der Macht des ersten Tieres große technische
und andere Wunder einsetzen werde. Die meisten Menschen werden diese große
Verführung nicht durchschauen. Höhepunkt und Endpunkt der Endzeit werde das
zweite Erscheinen Jesu sein. Er werde am Himmel «in den Wolken» erscheinen,
sichtbar für alle.
Nach der Kreuzigung war Jesus während vierzig Tagen
immer wieder bei seinen Vertrauten erschienen, um sie in weitere Geheim-nisse
einzuweihen. Er erschien in einem «materialisierten Lichtkörper», wie man in
der heutigen Esoterik sagen würde. Nur dank dieses Mysteriums ist es zu
erklären, warum die Apostel, die bis zur Kreuzigung Jesu von Zweifeln geplagt
waren und sich während des Prozesses und der Hinrichtung sogar angstvoll
versteckten, plötzlich wie verwandelt von Jesu Größe und Einzigartigkeit über-zeugt
waren und furchtlos in alle Welt hinaus zogen. Ohne das direkte Erleben der
Auferstehung und des Mysteriums der Erscheinungen in ihrer Mitte wären die
Apostel nach der Hinrichtung und Beisetzung ihres gescheiterten Anführers, von
Furcht um ihr eigenes Leben getrieben, untergetaucht, und die ganze
Jesus-Geschichte wäre für sie höchstens eine peinliche und kurze Jugendepisode
geblieben, ein Guru- Flip von zwei bis drei Jahren, als «man» noch jung war.
Weil aber die Person Jesu als «Christus» (griechische
Übersetzung des hebräischen Wortes Masiha, «Messias») eine zentrale Rolle in
der Transformation der Erde und in der Entmachtung der momentan Mächtigen innehat,
ist es nicht verwunderlich, daß gerade diese Person von verschiedener Seite
angegriffen und unglaubwürdig gemacht wird, einerseits durch Verabsolutierungen
und institutionelle Vereinnahmungen, andererseits durch Profanisierung und
Entspiritualisierung (= materalistische Umdeutung).
Letzteres ist das Thema der vorliegenden Ausführungen.
Sie entstanden während der Arbeit für das Buch Machtwechsel auf der Erde,
wurden dann aber, weil sie den Rahmen gesprengt hätten, nicht in das Buch
aufgenommen – obwohl viel Arbeit in diesen Text eingeflossen war und die
enthaltenen Informationen sehr aufschlußreich und exemplarisch sind.
Das die bewußte Profanisierung und
Entspiritualisierung betrifft, so spreche ich im Buch sogar von einer
«Verschwörung hinter der Verschwörungstheorie» (S. 153ff.). Grundlage dieser
materialistischen und antichristlichen Tendenzen ist die Behauptung, Jesus sei
gar kein religiöser Messias gewesen, sondern ein weltlicher, politischer
«Gesalbter» im Sinne eines Freiheitskämpfers gegen die Römer, der dann aber
offensichtlich gescheitert ist. Die religiöse Verbrämung und Hochstilisierung
zu einem religiösen Messias und zu einem Erlöser der Seelen sei erst später
vollzogen worden, hauptsächlich durch eine Verschwörung von seiten der
römischen Kirche und zuallererst von Saulus, der zum Paulus wurde. Stimmt diese
Verschwörungstheorie, oder steckt vielmehr eine andere, noch viel perfidere
Verschwörung hinter dieser Verschwörungstheorie?
Tatsächlich hat Paulus Jesus nie während dessen
irdischer Präsenz getroffen, sondern begegnete ihm in einer Vision des auferstand-enen
Lichtkörpers, ähnlich wie Jesus auch den anderen Aposteln während der vierzig
Tage nach der Auferstehung mehrmals er-chienen war. Dem jüdischen
Christenverfolger Saulus, der sich zum Paulus bekehrte, wurde in Visionen auch
tiefere Hintergründe des «Menschensohnes» Jesu offenbart: seine kosmische
Identität als der erstgeborene Sohn Gottes, der als Sohn unter den Menschen
erschienen, und seine entscheidende Rolle in der durch ihn, Jesus, initiierten
Transformation der Erde. Aufgrund dieser Erfahrungen und Einblicke wies Paulus
in seinen Briefen (den echten; einige wurden in seinem Namen gefälscht)
kompromißlos auf die einzigartige spirituelle Stellung Jesu hin und warnte auch
deutlich vor den kommenden falschen Propheten und weltlichen Mächten, die mit
satanischem Geist nach Weltherrschaft streben. Dies wurde Jahrzehnte später von
Jesus selbst in seiner apokalyptisch-en Offenbarung auf Patmos bestätigt und um
viele Zusatzinformationen erweitert. In dieser Geheimen Offenbarung wird auch
eine Entrückung der Gläubigen erwähnt, wenn in der Endzeit die Not und Drangsal
und auch die Verfolgung unerträglich wird. Genau dies hatte auch Paulus
Jahrzehnte zuvor gesehen und in seinen Worten und Briefen verheißen, ähnlich
wie Jahre zuvor Jesus selbst, u.a. in seinen Reden auf die Endzeit (Mt 24, Mk
13, Lk 17 und 21). Hinzu kommt, daß Paulus medial begabt und tätig war. «Reden
aus Eingebung» waren Kern und Lebensquell aller urchristlicher
Gemeinden. Auch in diesem Sinn war Paulus ein Werkzeug Jesu (siehe Machtwechsel
auf der Erde, S. 359f.).
Aus einem Brief des Paulus stammt auch folgende
berühmte Stelle: «Seht darauf, daß keiner Böses mit Bösem vergelte. Strebt
danach, im Umgang untereinander und mit allen Menschen das Gute zu tun. Seit immerzu von Freude erfüllt! Betet ohne Unterlass! Dankt
Gott in jeder Lebenslage! Das ist der Wille Gottes in Jesus Christus für euch
alle, die mit ihm verbunden sind. Unterdrückt nicht das Wirken des Heiligen
Geistes! Reden aus Eingebung verachtet nicht. Prüfet dabei alles, und das Gute
behaltet! Von jeder Art des Bösen aber haltet euch fern!» (1. Thess. 5,15-22)
Weil Paulus ein umstrittener Charakter war, vor allem
aber weil er diese Geheimnisse offenbarte, was den Dunkelmächten sehr
unangenehm war und ist, wird nicht nur Jesus profanisiert, sondern auch und
insbesondere Paulus. Er wird von gewissen Seiten geradezu verteufelt und als
hinterhältiger Verfälscher oder sogar Verschwörer bezeichnet. Es ist nicht zu
bestreiten, daß Paulus durchaus seine Einseitigkeiten und fanatischen Züge
hatte, die konkreten persönlichen Faktoren entsprangen (siehe Machtwechsel auf
der Erde, â. 362ff.). Aber ein Mensch, der nicht ein gehöriges Maß an
Eigenwilligkeit und Ausdauer besaß, hätte unter den damaligen widrigen,
feindseligen Umständen gar nicht die Kraft gehabt, unermüdlich umherzureisen
und zu predigen.
In diesem Zusammenhang heißt es in Kapitel 10 (S.
333): «In der verklärten Gestalt, in der Jesus während dieser vierzig Tage
erschien, erschien er auch jenem Zeugen, der später als Apostel Paulus bekannt
wurde. Dieser wurde als bereuender ehemaliger Christenverfolger zum wichtigsten
Zeugen für das Mysterium der verheißenen Transformation, weshalb es nicht
erstaunt, daß in der heutigen Asura-Propaganda gegen Jesus insbesondere auch
Paulus immer wieder auf das heftigste verleumdet wird.»
Dies soll im folgenden an
einem konkreten Beispiel aufgezeigt werden. Es handelt sich um eine typische
Propaganda, die auf Bluff beruht und die von geheimen Auftraggebern gefördert
wurde und immer noch wird, um das Vertrauen der Menschen in Gott und die
Gottesgesandten, angefangen mit Jesus, zu zerstören.
1. Teil
«Verschlußsache
Jesus»: Die Verschwörung hinter der Verschwörungstheorie
In den Jahren 1947 bis 1956 wurden in einem hügeligen
Wüstenabschnitt bei Qumran am Nordwestufer des Toten Meeres alte
Originalmanuskripte gefunden, versteckt in versiegelten Höhlen, aufbewahrt in
Tonkrügen. Insgesamt wurde man in elf Höhlen fündig.
Im Jahr 1991 erschien ein Buch der beiden
amerikanischen Journalisten Michel Baignet und Richard Leigh mit dem Titel
Verschlußsache Jesus-Die Qumranrollen und die Wahrheit über das frühe
Christentum. Es erschien in Deutschland (zeitgleich mit der englischen
Originalausgabe!) pünktlich zur Frankfurter Buchmesse 1991. Danach wurde es mit
auffälliger, ja aufdringlicher Werbetrommel publik gemacht und wurde fast zwei
Jahre lange zuoberst auf den Bestseller-Listen gehalten (Kategorie
«Sachbücher»). Weltweit wurde es von vielen Millionen Menschen gelesen.
Wichtig ist zu wissen, daß dieselben Autoren zuvor
schon andere Bestseller veröffentlicht hatten, die sehr vielsagende Titel
tragen: Der Heilige Gral und seine Erben – Ursprung und Gegenwart eines
geheimen Ordens (1984) und Der Tempel und die Loge – Das geheime Erbe der
Templer in der Freimaurerei (ebenfalls 1991).
Das Buch Verschlußsache Jesus verspricht gemäß Titel,
die «Qumranrollen und die Wahrheit über das frühe Christentum» zu erklären.
Dies wird mit zwei Thesen getan:
• Der Vatikan wolle die Veröffentlichung dieser
Qumranrollen verhindern oder zumindest hinauszögern.
• Warum? Weil in den Qumran-Schriftstücken die wahre
Geschichte von Jesus, Jakobus und Paulus erzählt werde, und diese Geschichte
unterscheide sich gänzlich von dem, was in den Evangelien und in der
Apostelgeschichte zu lesen sei.
Diese Behauptungen wurden in der Folge von vielen
Journalisten und Autoren kritiklos übernommen. Ein Beispiel hierfür sind
Christopher Knight und Robert Lomas mit ihrem Buch Unter den Tempeln Jersualems
- Pharaonen, Freimaurer und die Entdeckung der geheimen Schriften Jesu. (Dieses
Buch wird ebenfalls im Machtwechsel auf der Erde ausführlich behandelt.) Die
beiden Autoren, die sich offen als mittelgradig eingeweihte Mitglieder der
Freimaurer zu erkennen geben, liefern mit ihrem Buch ein aufschlußreiches Detail,
das hilft, die «Verschwörung hinter der Verschwörungstheorie» zu erkennen. Dies
wird weiter unten im Artikel erwähnt werden.
Es lohnt sich also, einen kleinen Exkurs
einzuschalten, um zu entdecken, wie haltbar oder fadenscheinig die besagte
«Wahrheit über das frühe Christentum» ist. Die Behauptungen, die im Buch
Verschlußsache Jesus als Wahrheit verkauft werden, sind bereits von vielen
Philologen aus jüdischen und christlichen Kreisen vorgenommen worden. Besonders
wertvoll ist das Buch von Prof. Dr. Otto Betz und Dr. Rainer Riesner: Jesus,
Qumran und der Vatikan – Klarstellungen (Herder 1993).
Die folgenden Zusammenfassungen der wichtigsten
Klarstellungen stützen sich auf dieses Buch.
Werden
Qumran-Texte vom Vatikan verheimlicht?
In Verschlußsache Jesus wird behauptet, die
wichtigsten Qumran-Texte würden verheimlicht. Man fragt sich dann natürlich,
woher die Autoren ihr Wissen über den (angeblichen) Inhalt dieser Texte haben.
Die leicht nachprüfbare Geschichte der Veröffentlichung der Qumran-Texte zeugt,
daß die Behauptung einer Verheimlichung aus der Luft gegriffen ist. Bereits
1948, also ein Jahr nach der ersten Entdeckung, wurden erste Forschungsberichte
veröffentlicht. 1951 wurden bereits erste Photographien der Texte veröffent-licht.
Dabei muß man bedenken, daß die letzte Höhle mit Schriftrollen erst 1956
entdeckt wurde.
Dabei kam es zu Verzögerungen aufgrund der Frage, wem
die Schriften gehören, und aufgrund der unsicheren politischen Lage in
Palästina nach dem soeben beendeten Zweiten Weltkrieg (z.B. Gründung des
Staates Israel im Jahr 1948).
Der Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche in
Jerusalem, dem ein Teil der Rollen anvertraut worden war, reiste 1948 aufgrund
der politischen Lage in die USA und nahm die Rollen mit, um sie dort für teures
Geld zu verkaufen.
Es wurde jedoch schnell ein internationales
Forschungsteam zusammengestellt, das aus Gelehrten unterschiedlichster
Richtungen bestand: christliche Gelehrte aus katholischen, protestantischen und
anglikanischen Schulen, jüdische Gelehrte und auch Gelehrte mit areligiösen
oder sogar atheistischen Einstellungen. Fotos der Texte wurden an
verschiedenste Hochschulen in aller Welt verschickt. Die Fülle des Materials,
die Vielzahl der Beteiligten, die Schwierigkeit der Manuskripte (schwer
leserlich, z.T. nur noch briefmarkengroße Fragmente mit wenigen Buchstaben),
interne Meinungsverschiedenheiten und Ego-Kämpfe zwischen den Gelehrten – all
diese Faktoren verursachten, daß die gesamthafte Veröffentlichung der
Manuskripte nur schleppend voranging. Dennoch muß klar festgehalten werden:
«Als die englisch-amerikanische Originalausgabe des Werkes 'Verschlußsache
Jesus' im September 1991 unter dem Titel The Dead Sea Scrolls Deception, d.h.
'Der Betrug an den Schriftrollen vom Toten Meer', erschien, waren etwa 80
Prozent des Textbestandes der Qumranfunde veröffentlicht. Deshalb ist es eine
grobe Irreführung der Leser, wenn im Klappentext des Buches gesagt wird: '75 Prozent
der rund 800 in althebräisch und aramäisch abgefaßten Manuskripte (werden) der
Öffentlichkeit vorenthalten.'»* [*Betz, Riesner, S. 24f.]
Kurz nach dem Erscheinen der Verschlußsache Jesus, im
Jahr 1992, erschien ein Buch des Hauptinformanten von Baigent und Leigh, Prof.
Robert Eisenmann, mit dem Titel Jesus und die Urchristen. Die Qumran-Rollen
entschlüsselt. Im Rückentext dieses Buches schreiben Baigent und Leigh: «Diese
Veröffentlichung ist von höchster Bedeutung. Endlich sind die Texte, die lange
unter Verschluß gehalten wurden, jedem zugänglich ...»
Sie geben also zu, daß jetzt nichts mehr unveröffentlicht
ist. Jeder kann nun lesen, welch (angeblich) sensationellen und brisanten Texte
(angeblich) unter Verschluß gehalten wurden. Kaum ein Jahr ist vergangen, seit
das Buch The Dead Sea Scrolls Deception veröffentlicht wurde, und schon
erscheint Dr. Eisenmanns Buch mit den restlichen Texten. Perfektes Timing. Für
jeden erkennbar besteht diese Veröffentlichung in nicht so vielen Texten, wie
die beiden Autoren behauptet hatten («75 Prozent der rund 800 ...
Manuskripte»). Und offensichtlich war die angebliche Verheimlichung nicht so
undurchdringbar, wie dieselben Autoren beschworen hatten. Sie bestätigen selbst
unmißverständlich: «Endlich sind die Texte, die lange unter Verschluß gehalten
wurden, jedem zugänglich ...»
Dennoch heißt es auf dem Rückentext der späteren
Taschenbuchausgabe (1993) immer noch: «Warum sind die meisten der sogenannten
Qumranrollen bis heute nicht veröffentlicht und nicht einmal Gelehrten
außerhalb einer bestimmten Gruppe zugänglich?» Das klingt zwar unheimlich wahr
und spannend, ist aber eine blanke Lüge.
Jesus und
die heiligen Schriften werden «entheiligt»
Die Vertreter der Theorie einer vatikanischen
Verschwörung behaupten, Jesus und seine Anhängerschaft seien nicht etwa
gottesbewußte Weltveränderer gewesen, sondern rebellische, militante lokale
Unabhängigkeitskämpfer. Jesus
wird jeglicher spirituellen Dimension beraubt,
schlicht und einfach deshalb, weil er diese gar nie hatte, behaupten die
«Antichristen», unter ihnen auch die laut verstärkten Sprachrohre Baigent und
Leigh.
Um diese vorgefaßte Meinung zu beweisen, ziehen sie
die Qumran-Schriften heran und verwerfen die bereits bekannten Texte, die im
Neuen Testament veröffentlicht sind. Um ihre Argumentation durchzuführen,
müssen sie mehrere Punkte etablieren:
• Die in der Bibel enthaltenen Evangelien sind späte,
erdichtete Darstellungen des Lebens und der Lehren Jesu. Sie sagen nichts über
den «wahren Jesus» aus.
• Die Apostelgeschichte, die in der Bibel direkt an
die vier Evangelien anschließt, sei ebenfalls verfälscht und dürfe nicht als
Quelle echter Information gesehen werden. Um näher an die Wahrheit herankommen
zu können, müsse man alle Darstellungen umdrehen, da man sie nicht wörtlich
nehmen dürfe.
Nachdem die bekannten Quellen der willkürlichen
Interpretation preisgegeben sind, werden die einzig verfügbaren «echten»
Quellentexte herangezogen: die Qumran-Schriften. In ihrem Namen wird das neue,
angeblich echte Bild von Jesus und den Urchristen gezeichnet. Damit dies
möglich ist, müssen folgende Behauptungen als Wahrheit dargestellt werden:
• Die Qumran-Schriften sind nicht
jüdisch-vorchristlich, sondern stammen direkt aus der Zeit Jesu.• Die Verfasser
der Qumran-Schriften, die Essener aus der wieder entdeckten Qumran-Siedlung,
waren nicht asketisch lebende Mönche, sondern politisch orientierte, militante
Widerstandskämpfer gegen die römische Besatzungsmacht.
• Johannes der Täufer, Jesus und Jakobus, der Bruder
Jesu, hätten dieselben politischen Motive gehabt wie die Essener. Der religiöse
Gehalt im «Jesus- Mythos» sei erst später von Paulus und in seiner Nachfolge
von der römischen Kirche hinzugedichtet worden.
Nachdem dieser Rahmen gespannt ist, legen Baigent und
Leigh mit den eigentlichen «Enthüllungen» los: Sie geben
vor zu wissen, daß der Leiter der Essener, der in den Qumran-Texten
ohne Namenangabe als «Lehrer der Gerechtig-keit» bezeichnet wird, niemand
anders als der Bruder Jesu, Jakobus, gewesen sei. Er sei Anführer der jüdischen
Widerstandsbewegung gewesen, und als solcher sei er auch in Opposition zum
jüdischen Hohen Rat in Jerusalem präsidiert, vom sog. Hohepriester, gestanden.
In der Festung Qumran sei Jakobus sogar zum Gegenhohepriester ernannt worden.
Um diese Widerstandsbewegung zu bekämpfen, habe der ohnehin schon korrupte
jüdische Hohe Rat mit den Römern zusammengearbeitet: Der Anführer der
Revolutionäre, Jesus, wurde hingerichtet, und ein Pseudo-Jude in römischen
Diensten wurde in die Widerstandsbewegung eingeschleust: niemand anders als der
berühmte Christenverfolger Saulus, der sich plötzlich bekehrte und zum
feurigsten Jesus- Anhänger wurde. Er habe die Lehren Jesu verfälscht und seine
Anhänger von ihrer politischen Mission abgebracht, indem er Jesus zur
religiösen Kultfigur, zum langerwarteten Messias, hochstilisierte. Um Paulus
zur unbezweifelten
Autorität zu machen, hätten die Römer dann eine
aufsehenerregende Verhaftung des Paulus inszeniert und ihn sogar hingerichtet.
In Wirklichkeit sei er, der verdienstvolle römische Agent, jedoch mit
geheimdienstlicher Hilfe untergetaucht und habe danach ein sattes römisches
Leben genossen.
Später seien dann die Evangelien und die
Apostelgeschichte geschrieben worden, um all diese Wahrheiten zu ver-tuschen
und ein neues Bild des Juden Jesus zu zeichnen. (Deshalb dürfe man den
Schriften des Neuen Testaments unter keinen Umständen glauben, und deshalb sei
auch verständlich, warum der Vatikan so verzweifelt alle Hebel in Gang setze,
um diese «verheimlichten Wahrheiten» weiterhin geheimzuhalten.)
Das alles lesen die Autoren Baigent und Leigh aus den
Qumran-Texten!! Die wahre Enthüllung findet jedoch statt, wenn man untersucht,
was in diesen Texten tatsächlich steht und vor allem nicht steht, und wenn man
sich fragt, wa-rum ein solches Buch von den internationalen Medien als
Bestseller hochgehalten wird, selbst nachdem objektive Präsentationen den
wahren Sachverhalt längst bewiesen haben, nämlich daß die Geschichte bestimmt
nicht so verlaufen ist, wie in diesem Buch behauptet wird. Während die
Verfälschung historischer Tatschen, z.B. durch antijüdische Veröffentlichungen,
mit Recht geahndet und im Notfall sogar verboten wird, kommt antichristlichen
Geschichtslügen anscheinend nicht dasselbe Recht zu. Wer die Strategie der «erleuchteten»
Atheisten kennt, kann leicht erraten warum. Soll der Menschen Vertrauen in
Jesus im Keim erstickt werden? Sollen die Menschen das Vertrauen verlieren, daß
es einen Plan Gottes für die wahre Erleuchtung der Menschheit gibt? Denn bisher
hatte es immer geheißen, dem Gottessohn Jesus komme in diesem Plan eine
Schlüsselstellung zu. Das wird jetzt als kirchliche Verschwörung hingestellt.
Nachdem die Theorien der Verschlußsache Jesus durch
stete Wiederholung in den Massenmedien von den Massen als Wahrheit anerkannt
wurden, genossen die Christengegner mit Genugtuung, wie die Kirche und auch der
«Jesus-Mythos» zerrissen wurden. Wer noch einen Funken Glauben an Jesus
besessen hatte, war verunsichert, unschlüssig, orientierungslos.
Dubiose
Motivationen in der Qumran-Forschung
Anfangs der fünfziger Jahre wurde eine internationale
Gruppe von biblischen Sprachforschern zusammengestellt, um die Qumranrollen zu
entziffern und zu übersetzen. Diese Gruppe bestand aus christlichen und
jüdischen Gelehrten und auch aus Gelehrten mit „religiösen oder sogar
atheistischen Einstellungen. Zur letzten Kategorie gehörte unverhohlen Dr. John
Allegro. Für die Autoren der Verschlußsache Jesus waren John Allegros Arbeiten
und Ansichten richtungsweisend. In Wirklichkeit war gerade dieser Dr. Allegro
aufgrund seiner eigenmächtigen und unkooperativ-en Handlung mit verantwortlich
gewesen, daß die Herausgabe der Qumran-Schriftstücke zusätzlich erschwert
worden war.
Näheres über den ideologischen Hintergrund von Dr.
Allegro erfährt man im oben erwähnten Buch der freimaurer-ischen Autoren Knight
und Lomas. Ihm widmeten sie nämlich ihr Buch! Damit verraten sie, daß Allegro
ebenfalls ein Mitglied dieser Geheimgesellschaft war, denn sie hätten ihr Buch,
das die Freimaurergeschichte beschreibt, be-stimmt nicht willkürlich jemandem gewidmet,
der kein Logenbruder war. Der Widmungstext klingt dementsprech-end vieldeutig:
«Für John Marco Allegro – einen Mann, der seiner Zeit um zwanzig Jahre voraus
war.» Warum war er seiner Zeit voraus? Und warum gerade zwanzig Jahre?
Es gibt also durchaus Hinweise, daß bei der
Veröffentlichung der Qumran- Schriften heimliche Interessen mitspiel-ten. Dr.
Allegro, der zum ursprünglichen internationalen Forschungsteam gehörte, war der
erste, der an die Öffent-lichkeit ging, um als Qumran-Experte zu verkünden,
diese neuentdeckten Schriften würden die Kirche erschüttern und das bisherige
Bild Jesu in Frage stellen. Dies verkündete er bereits 1956 in Radiovorträgen
in England, zu einer Zeit, als die Ausgrabungen immer noch im Gang waren. 1955
hatte er in einem Brief an den Anglikaner Dr. John Strugnell, den damaligen
Leiter des internationalen Teams, geschrieben: «An Ihrer Stelle würde ich mir
des theologischen Jobs wegen keine grauen Haare wachsen lassen. Wenn ich meine Arbeit
abgeschlossen habe, wird es ohnehin keine Kirche mehr geben, in der Sie unterkommen
könnten.»* [*zitiert in Baigent/ Leigh, S. 72] Dies sei natürlich nur humorvoll
gemeint gewesen, kommentieren Baigent und Leigh.
Allegro, Freimaurer und ein erklärter Atheist, war
anscheinend beauftragt, die Qumrantexte dahingehend zu inter-pretieren, um
sowohl die Kirche als auch den Glauben an Jesus zu unterminieren.
Im Jahr 1957 startete Dr. Allegro auf eigene Faust
eine Abenteuer-Expedition nach Israel, um die in der Kupferrolle aufgeführten
Schätze zu finden. Er schrieb sogar ein Theaterstück, das 1966 uraufgeführt
wurde und in dem er frei
erfunden darstellt, wie der Vatikan die heiklen
Stellen aus den Qumran- Schriften unterdrücke. Schlüsselsatz: «Man unterdrückt
die Worte Jesu ...» Als ob die Qumran-Schriften Jesus-Worte enthalten würden!
Im Jahr 1968 publizierte
Allegro eigenmächtig und schnell die ihm anvertrauten Texte, um die
Qumran-Diskussion anzuheizen. Da diese Edition jedoch nachlässig vorgenommen
worden war, enthielt sie viele Fehler, wofür er aus Fachkreisen heftige und
sachlich begründete Kritik erntete.
Der weitere Verlauf von Dr. Allegros Leben war
tragisch. Er verfiel dem Alkohol und anderen Drogen. Im Jahr 1970
veröffentlichte er das Buch The Sacred Mushroom and the Cross, wörtlich: «Der
heilige Pilz und das Kreuz», in dem er die Ansicht vertritt, die Entstehung des
Jesus-Glaubens habe viel mit Drogenkonsum zu tun, denn dies sei die ein-zige
Erklärung für die mystischen Erlebnisse, die viele Jesus-Nachfolger gehabt
hätten. 1971 erschien dieses Buch auch auf Deutsch: Der Geheimkult des heiligen
Pilzes – Rauschgift als Ursprung unserer Religion. Durch Artikel im deutschen
Nachrichtenmagazin Der Spiegel wurden Allegros atheistischen Ideen einem
breiten Publikum bekanntge-macht.* [*«Christus als Pilz» in: Der Spiegel,
39.6.1970; «Philologischer Pilz», ebd. 26.4.1971]
Einen letzten Beitrag zur Entmythifizierung des
christlichen Jesus lieferte Dr. Allegro in seinem 1979 erschienen Buch The Dead
Sea Scrolls and the Christian Myth (wörtlich: «Die Schriftrollen vom Toten Meer
und der christliche
Mythos»).
Neben Dr. Allegro hat – seit den siebziger Jahren –
insbesondere Prof. Robert H. Eisenmann von der California State University (und
Allegro-Sympathisant) die Theorie vertreten, die Qumranrollen seien Schriften
des Urchristentums. Von ihm stammt die Theorie, die Urchristen seien unter der
Führung von Jesus und Jakobus Teil einer jüdischen Widerstandsbewegung gegen
Rom gewesen. Diese Theorie und auch Prof. Eisenmanns Argumente wurden von den
Journalisten Baigent und Leigh aufgegriffen und populärwissenschaftlich aufbereitet,
wobei die großen Verlage sie mit vereinten Kräften unterstützten und förderten.
Prof. Eisenmann hat ein Buch mit Auszügen aus den
Originaltexten veröffentlicht, denn mittlerweile sind die Qum-ran-Schriften
soweit, wie es möglich ist, entziffert und übersetzt und in ihrer gesamten
Fülle öffentlich zugänglich. Man darf annehmen, daß Prof. Eisenmann in diesem
(bereits oben erwähnten) Buch die wichtigsten Textstellen dem breiten Publikum
vorführt.
Wie der Titel verkündet: Jesus und die Urchristen – Die
Qumran-Rollen entschlüsselt. Der Buchtitel allein suggeriert schon, die
Qumran-Rollen würden direkt etwas über Jesus und die Urchristen aussagen.
Wer sich jedoch die Mühe macht, die Originaltexte zu
lesen und für sich sprechen zu lassen (unabhängig von den wortreichen
Interpretationen von Allegro und Eisenmann), ist schnell einmal enttäuscht,
falls man sensationelle Ent-hüllungen erwartet hat. Tatsache ist, daß all diese
Schriften nur für die Altertumsforscher und Philologen interessant, für den
Laien jedoch völlig langweilig sind. Da steht nirgendwo etwas von Jesus,
Jakobus oder Paulus. Das meiste sind jüdische Texte mit Tempelriten,
Reinheitsbestimmungen, Ordensregeln oder dann, schon interessanter, Texte von
Propheten wie z.B. Jesaja, die aber bereits aus dem Alten Testament bekannt
sind, und zwar viel ausführlicher. Die umstrittenen Textfragmente, auf denen
der ganze Rummel um die «Verschlußsache» und die angebliche Ver-heimlichung von
«Jesus-Worten» aufgebauscht wurde, nennen keine Namen und beziehen sich auf
interne Zwiste zwischen der mönchischen Essenergruppe und den
Jerusalem-Hohepriestern im 1. Jahrhundert vor Christus.
Esoterisch interessant sind die Fragmente des Buches
Henoch, die Kupferrolle (mit einem Inventar von Schatzver-stecken innerhalb und
außerhalb Jerusalems bis in die Gegend von Damaskus) sowie die fragmentarische
«Kriegs-rolle» mit einer Erwähnung des endzeitlichen Kampfes zwischen den
«Söhnen des Lichts» und den «Söhnen der Finsternis». Diese Texte sind immer nur
kurz und sehr bruchstückhaft, und die meisten waren schon längst zugäng-lich,
als das Buch Verschlußsache Jesus auf den Markt kam!
Man kann dem Vatikan viel vorwerfen, ganz bestimmt
auch Verschwörungen, Verheimlichungen und Verfälschung-en, aber im Zusammenhang
mit Qumran scheint dieses hochgepeitschte «Schlagen eines toten Pferdes»
geradezu verdächtig zu sein. Das Aufzeigen der Zusammenhänge macht eine
Verschwörung hinter der Verschwörungstheorie glaubhaft, die an das erinnert,
was tatsächlich in den Qumran-Rollen beschrieben wird: der endzeitliche Kampf
zwischen den Dienern und den Widersachern Gottes, im Originaltext: zwischen den
«Söhnen des Lichts» und den «Söhnen der Finsternis».
Das Ziel, das mit bestechenden Mitteln erreicht wurde,
ist durch diese erfolgreiche Offensive offensichtlich geworden: Es geht darum,
das Vertrauen in Jesus und in die Evangelien zu vernichten.
Die Behauptungen von Baigent, Leigh, Eisenmann
und Allegro bedeuten im Klartext nichts geringeres, als den Wahr-heitsgehalt
der Evangelien, die im Neuen Testament enthalten sind, gesamtheitlich zu
leugnen und zu verwerfen, was ja die erklärte Absicht hinter all diesen
Bestrebungen ist. «Wer wissen will, was im Jahrhundert vor und nach Christi
Geburt in Palästina wirklich geschah, sollte nicht die Evangelien lesen, sondern die Qumran-Rollen»,
verkündet Prof. Eisenmann auf dem Umschlag seines Buches Jesus und die
Urchristen. Warum soll man nicht die Evangelien lesen? Warum wird nicht einfach
gesagt, man solle zusätzlich zu den Evangelien auch die Qumran-Rollen lesen?
Das wäre die einzig wissenschaftlich haltbare Aussage gewesen, vor allem wenn
man weiß, wie´unsensationell und alttesta-mentarisch diese Rollen sind. Sie
sagen nichts über die Geschehnisse aus, die in den Evangelien beschrieben
werden, da sie vor dieser Zeit entstanden sind.
Am Schluß des Buches Verschlußsache Jesus danken die
Autoren unter anderem einem Herrn Rod Collins, von dem sie tatkräftig
unterstützt worden seien, denn er sei «ein Banker, wie ihn sich jeder Autor nur
wünschen kann». An dieser Stelle können sich auch die sachlichen Akademiker
Betz und Riesner nicht zurückhalten, folgende vielsagende Andeutung zu machen:
«Es wäre aufschlußreich, einmal dem eigentlichen Interesse nachzugehen, das der Unterstütz-ung
eines Buches wie 'Verschlußsache Jesus' zugrunde liegt ...»* [*Betz, S. 35] Tausende
von Fachleuten aus aller Welt, aus christlichen, jüdischen, russischen und
anderen Instituten, die man allesamt nur durch eine unglaubliche Verschwörung
gleichschalten könnte, bezeichnen die spekulativen Szenarien in der
Verschlußsache und verwandten Büchern einhellig als absurd, unhaltbar und an
den Haaren herbeigezogen. Dennoch konnten dieses Buch und diese Ansichten vielen
Millionen von Menschen als Wahrheit verkauft werden.
Was steht in
den Qumran-Rollen wirklich?
Die Texte des jüdischen Essenerordens, die in den
Qumran-Höhlen gefunden wurden, haben viele Entsprechungen im Alten Testament.
Die Namen, die in diesen Qumran-Schriften erwähnt werden, gehören allesamt zu
Personen des
zweiten und ersten Jahrhunderts vor Christus, und die
historischen Ereignisse, die aus den Fragmenten herausgelesen werden konnten,
passen genau auf bekannte Ereignisse aus ebenjener Zeit vor Christus. Auf der
Grundlage der Qum-ran-Rollen wurde zwar eine gewaltige Seifenblase von
Spekulationen um Jesus, Jakobus und Paulus in die Luft ge-setzt, doch werden
diese Namen in den Rollen nicht ein einziges Mal erwähnt, auch der Name von
Johannes dem Täufer nicht und ebensowenig der Name des Herodes, obwohl Prof.
Eisenmann behauptet, es gebe deutliche «anti-herodianische» Züge in den
Qumran-Texten.
Warum diese Namen nicht erwähnt werden (im Gegensatz
zu anderen Namen, die deutlich erwähnt sind), ist leicht zu erkennen: weil
diese Texte aus einer früheren Zeit stammen! Die Qumran-Rollen sagen nichts
über Jesus, Jakobus
und Paulus aus. Damit erweist sich die «Wahrheit über
das frühe Christentum» im Buch Verschlußsache Jesus als Unwahrheit,
möglicherweise sogar als bewusste Verfälschung, denn die Widerlegungen sind
wahrhaftig nicht schwierig zu finden und längst zugänglich ...
Die Jesus-Paulus-Spekulationen beruhen auf wenigen
Textfragmenten. Alle anderen geben diesbezüglich überhaupt nichts her, genauso
wie diese wenigen Textfragmente auch, denn sie beschreiben eben nicht Jesus und
Paulus.
In diesen wenigen Fragmenten wird ein «Lehrer der
Gerechtigkeit» erwähnt, der im Konflikt mit einem «gottlosen Lehrer» steht. Die
Textfragmente enthalten genau diese Begriffe, jedoch keine Namen. Praktisch
alle Philologen und Qumran- Experten sind sich einig, daß sich diese Texte auf
die Gründung des Essenerordens beziehen. Diese hatte stattgefunden, als in
Jerusalem der umstrittene König und Hohepriester Jonatan (152-143 v. Chr.) an
der Macht war.
Der Gründer der essenischen Gemeinschaft wurde «Lehre
der Gerechtigkeit» genannt, ebenso seine Nachfolger. Diese Gründung und
Abspaltung führte zu einem offenen Konflikt mit dem Priesterkönig Jonatan.
Dieser nahm je-doch ein unrühmliches Ende, was für die Essener eine symbolische
Bedeutung hatte: Gott hatte ihren Gegner, den «gottlosen Priester», drastisch
bestraft.
Die eindeutigste Textstelle, auf die sich auch die
gesamte Jesus-Paulus- Spekulation beruft, stammt aus der vierten Höhle und
trägt die Katalognummer 4QMMT. Darin heißt es in bezug auf Psalm 37: «Der Gottlose
sucht den Ge-rechten zu töten». Dieser Qumran-Text erklärt, mit dem Gottlosen
sei der gottlose Priester aus Jerusalem gemeint, «der ihn [den Lehrer der Gerechtigkeit]
zu töten trachtete wegen (des Briefes) und des Gesetzes, das er [der Lehrer der
Gerechtigkeit] ihm [dem gottlosen Priester] gesandt hatte. ...
Aber Gott vergalt es ihm, indem er ihn [den gottlosen
Priester] in die Hände der gewalttätigen Heiden gab, um das Gericht an ihm zu
vollziehen.»
Tatsächlich fiel der «Gottlose», der Hohepriester Jonatan,
in die Hände der gewalttätigen Heiden: Er wurde von den Syrern in eine Falle
gelockt und umgebracht. Diese historische Tatsache wird auch im Alten
Testament, 1. Makkabä-er 12.39-53, beschrieben und entspricht genau den
Umständen, die im genannten Qumran-Fragment erwähnt werden.
Die beiden erwähnten Dokumente – der Brief und das
Gesetz --, die der Lehrer der Gerechtigkeit aus Qumran an den Hohepriester in
Jerusalem gesandt hatte und die diesen erzürnten, weil der neue Qumran-Lehrer ihm
darin Vorschrift-en machen wollte, lagen in derselben Höhle, der Höhle Nr. 4. Das eine
Dokument ist der sogenannte «Brief des Lehr-ers der Gerechtigkeit», ein
längeres, unvollständiges, da in mehrere Fragmente zerfallenes Dokument. Der
Absender, dessen Namen auf den Fragmenten nicht erscheint, wird mit dem «Lehrer
der Gerechtigkeit», d.h. mit dem Leiter der Qumran-Gemeinde, gleichgesetzt.
Dieser Brief wendet sich in der Wir-Form an den
Empfänger, dir Priester im Jerusalemer Tempel. Der Lehrer mahnt die
Jerusalem-Priester zur strikten Einhaltung der Reinheits- und
Selektionsvorschriften. Insbesondere mahnt er, der Zutritt zum Tempel sei «nur
den Israeliten, und zwar den rituell reinen und leiblich intakten Menschen
gestattet: Fremde, Moabiter und Ammoniter, aber auch Behinderte wie Blinde,
Taube oder Invalide seien fernzuhalten». Auch wird in diesem Brief gesagt: «Wir
haben uns von der Masse des Volkes getrennt» – warum? Weil sie, die
Qumran-Essener, sich für reiner und besser hielten!
Das «Gesetz», das den «Gottlosen» erzürnte, ist die
acht Meter lange sogenannte «Tempelrolle», die zahlreiche Vor-schriften und
Bestimmungen mit ähnlich rigoroser und rassistischer Schärfe enthalten.
Genau gegen dieses arrogante Elite-Bewußtsein wandte
sich Jesus, der dieselbe Haltung auch bei den Pharisäern und Schriftgelehrten
brandmarkte, nur mit dem Unterschied, daß bei diesen die Erhabenheit weitgehend
auf Arroganz beruhte, wohingegen die Essener tatsächlich streng asketisch und
elitär lebten.
Diesen «Lehrer der Gerechtigkeit» mit Johannes, Jesus
oder Jakobus gleichzusetzen ist also absurd, denn Jesus ver-urteilte ebengerade
dieses elitäre Kastenbewußtsein und wäre auch nie Mitglied eine solchen
religiös-rassistischen Splittergruppe geworden.
Daß die besagtem Qumran-Texte nichts mit Jesus zu tun
haben, geht noch deutlicher aus dem folgenden Qumran-Schriftstück hervor, der
von Eisenmann jedoch ebenfalls auf die Urchristen bezogen wird: « ... der
gottlose Priester, der den Lehrer der Gerechtigkeit verfolgte, um ihn zu
verschlingen in dem Zorn seines Grimms. Am Ort seines Exils und zur Zeit des
Festes der Ruhe des Versöhnungstages erschien er bei ihnen, um sie zu
verschlingen und um sie zu
Fall zu bringen am Tage des Fastens, dem Sabbat ihrer
Ruhe.»
Die Interpretation der Experten besagt einhellig, daß
der illegitime Hohepriester Jonatan von den Essenern als der «Gottlose
Priester» bezeichnet wurde. Dieser hat auch tatsächlich den «Lehrer der
Gerechtigkeit» in seinem Exil in Damaskus aufgesucht, um ihn der
Gesetzesübertretung zu überführen und womöglich sogar umzubringen. Dieser
Vorfall geschah genau am Versöhnungstag, der ein Fastentag ist. (Dies führte
dann zur bereits erwähnten Vergeltung durch Gott, indem der Hohepriester
Jonatan den Syrern in die Hände fiel und von ihnen im Jahr 143 v. Chr. Umge-bracht
wurde.)
Eisenmann, der beweisen will, daß sich diese Stelle
auf die Zeit der Urchristen bezieht und daß mit dem «Lehrer der Gerechtigkeit»
Jakobus gemeint ist, interpretiert diese Stelle anders: Der «Gottlose Priester»
sei der Hohepriester
Ananus (Hannas II.), der Jakobus und andere Urchristen
in Jerusalem zu Tode steinigen ließ. Auch Ananus wurde später von den «Heiden»
umgebracht, jedoch von den Römern in den Kriegswirren um Jerusalem 68 n.Chr.,
im selb-en Jahr, in dem auch die Qumran-Festung zerstört wurde! Die Tonkrüge
wurden aber mit den bereits verfaßten Schriften spätestens im Jahr 68 beim
Heranrücken der Römer versteckt. Der zeitliche Ablauf kann nicht stimmen,
ebensowenig die Interpretation, denn aus der Originalstelle geht hervor, daß es
dem Gottlosen Priester nicht gelung-en ist, den Lehrer der Gerechtigkeit
umzubringen. Ananus konnte Jakobus jedoch töten lassen.
Eisenmann versucht diese Widersprüche mit
übersetzungstechnischen Wortspielereien aus dem Weg zu räumen. Das Urteil der
Fachkräfte lautet deshalb zurecht: «Der 'Historiker'
Eisenmann macht sich einer petitio principii, der Er-schleichung des
gewünschten Resultats durch falsche Übersetzung schuldig, die er kaltblütig als
feinere Bedeutung und bessere Konstruktion deklariert: Wiederum wird der Text
nach der [vorgefaßten] Theorie gebogen!»* [*Betz/Riesner, S. 99]
Die
messianische Prophezeiung von Qumran Für
weiteren Rummel sorgte Prof. Eisenmann (in den Fußstapfen von Dr. Allegro), als er 1991 verkündete, in den
Qumran-Schriften gäbe es eine Stelle, die den gewaltsamen Tod des Messias bezeuge. Dies zeige, daß eine direkte
Beziehung zwischen den Essenern und
den Urchristen bestand, eben weil Jakobus der essenische Lehrer der Gerechtigkeit gewesen sei. Ähnliches hatte
bereits Dr. Allegro in seinen Vor-trägen
1956 verkündet: In den Qumran-Schriften würden die Kreuzigung des Lehrers, die Abnahme des Leichnams vom Kreuz
und die Totenwache beschrieben.
All diese Behauptungen stützen sich auf folgendes
Qumran-Fragment, das sich, als Kommentarschrift, auf das be-kannte
Jesaja-Kapitel 11 bezieht: «der Sproß Davids ... und töten Fürst der Gemeinde
sie ... und durch Wunden ... und es befiehlt ein Priester ... die Erschlagenen
der Kittim ...»
Das ist alles! Die Kreuzigung wird in den
unvollständigen, zweideutigen Satz «und töten Fürst der Gemeinde sie»
hineininterpretiert. Die grammatikalische Lage erlaubt beide Interpretationen:
«Sie töten den Fürsten der Gemeinde» oder «Der Fürst der Gemeinde wird sie
töten.»
Allegro und Eisenmann glauben, in der ersten Variante
einen Hinweis auf den Kreuztod Jesu zu finden, denn «Fürst der Gemeinde» ist
ein Ausdruck für den erwarteten Messias. Doch die andere Variante («Der Fürst
der Gemeinde wird sie töten.») ist genauso möglich und entspricht erst noch der
Referenzstelle in Jesaja 11: «Und er wird ihn töten» (Jes. 11,4)!
Diese Stelle ist keine urchristliche Parallelstelle,
sondern eine messianische Prophezeiung des siegreichen Messias, wie ihn der
Prophet Jesaja in jenem Buch voraussagt, das im Alten Testament zu finden ist.
Es ist symptomatisch, wie diese eine Textstelle verwendet wurde, um vorgefaßte
Meinungen zu verkünden, was in den Massenmedien natürlich immer ohne die
Anführung des Originaltextes geschah, denn diese fragmentarischen Textstellen
hätten niemanden beeindruckt und schon gar nicht überzeugt.
Der Hinweis auf Jesaja 11 zeigt auch, wie absurd die
Annahme ist, eine militante Bewegung hätte nach der Hinricht-ung Jesu weiterhin
geglaubt, Jesus sei der Messias gewesen, und hätten wegen Jesus langjährige
Streitigkeiten durch-geführt, so wie Baigen t& Leigh dies in bezug auf
Jakobus und Paulus behaupten. Nein, sie hätten diesen hingericht-eten «König
der Juden» schnell vergessen und als falschen Propheten fallengelassen. Jesus
hätte über seinen Tod hinaus überhaupt keine Wirkung gehabt, und Paulus hätte
ins Leere gepredigt. Doch Jesus blieb trotz der Kreuzigung und der
nachfolgenden politischen Wirren eine Person von zentraler Bedeutung, weshalb
er unmöglich ein politisch-er Aktivist gewesen sein kann (denn als solcher wäre
er ein völliger Versager gewesen).
Die
Schriften von Nag-Hammadi
Im Jahr 1945, kurz vor der Entdeckung der ersten
Qumran-Rollen, wurden nahe der nordägyptischen Stadt Nag-Hammadi mehrere
Tonkrüge mit uralten Schriften gefunden. Diese stammten tatsächlich aus der
urchristlichen Zeit und enthielten lange verschollene Evangelien und Dokumente
über Jesus, insbesondere das mittlerweile berühmte Thomas-Evangelium. Als 1977
alle Nag- Hammadi-Schriften in gedruckter Form vorlagen (mit Faksimile und
Transkription), waren es insgesamt sechsundvierzig
Bände.
Während die Qumran-Rollen aus der Zeit vor Jesu
Erscheinen stammen, sind die Nag-Hammadi-Schriften unbestreit-bar
urchristliche Schriften, denn Jesus wird vielfach namentlich erwähnt und
wörtlich zitiert. Wenn alsoirgend welche neuentdeckte
Schriften für den Vatikan hätten gefährlich werden können, dann wären es die
Nag-Hammadi-Schriften gewesen, denn immerhin enthielten sie apokryphe
Evangelien und Jesus-Worte. Doch die Herausgabe dieser Schrift-en wurde nicht
verhindert, ebensowenig wie die der Qumran-Rollen. Auch wurden durch sie die
bereits bekannten Evangelientexte nicht widerlegt oder als Fälschung entlarvt,
sondern bestätigt und ergänzt. Dies wird von Baigent, Leigh & Co., wie
nicht anders zu erwarten, geflissentlich unterschlagen.
Die neuentdeckten Nag-Hammadi-Texte wie auch
biblischen Evangelien widerlegen die Jesus-Paulus-Spekulationen und die anderen
antichristlichen Relativierungen. Ebenso widerlegen sie auch die christlichen
Verabsolutierungen,
denn sie zeigen Jesus als das, was er war und was er
in seinen Selbstzeugnissen auch bestätigte.
2. Teil Das
Mysterium
Wir dagegen sind Bürger des Himmels. Von dorther
erwarten wir auch unseren Retter, Jesus Christus, den Herrn. Er wird unseren
schwachen, vergänglichen Körper verwandeln, daß er genauso herrlich wird wie
der Körper, den er selbst bei seiner Auferstehung hat. Denn er hat die Macht,
alles [sogar die Materie unseres physischen Körpers] seiner Herrschaft zu
unterstellen» (Brief an die Philipper 3,20-21).
Die Ausführungen über Jesus, seine Auferstehung und
Himmelfahrt beruhen direkt auf den Schriften des Neuen Testamentes. Paulus sagt
im erwähnten Zitat, der Körper des Menschen könne «genauso herrlich» werden wie
der
Körper Jesu bei seiner Auferstehung. In der Apokalypse
wird im Zusammenhang mit den beiden gesandten Zeugen prophezeit, diese würden
ebenfalls vom Tod auferstehen und physisch in den Himmel aufsteigen (Offb
11,11-12), genauso wie Jesus.
Obwohl diese Erkenntnisse die christlichen
(kirchlichen) Absolutheitsansprüche hinfällig machen, passen sie genau zu dem,
was Jesus persönlich über sich sowie über seine Schüler und Nachfolger gesagt
hat: «Kein Blinder kann ein-en Blinden führen, sonst fallen sie beide in die
Grube. Kein Schüler steht über seinem Lehrer. Aber wenn er ausge-lernt hat,
soll er wie sein Meister sein» (Lk 6,40).
«Ihr habt alle Prüfungen mit mir durchgestanden. Dafür
werde ich euch Anteil an der Herrschaft geben, die mein Vater mir übertragen
hat. Wenn ich meine Herrschaft angetreten habe, werdet ihr an meinem Tisch
essen und trinken ...» (Lk 22,28-30).
«Ich versichere euch: Jeder, der mir vertraut, wird
auch die Taten vollbringen, die ich vollbringe. Ja, seine Taten werden meine
noch übertreffen, denn ich gehe zum Vater. Dann werde ich alles tun, worum ihr
bittet, wenn ihr euch dabei auf mich beruft. So wird durch den Sohn die
Herrlichkeit des Vaters sichtbar werden. Wenn ihr euch auf mich beruft, werde
ich euch jede Bitte erfüllen [und so wird es euch möglich sein, Taten zu tun,
die meine noch über-treffen] » (Joh 14.12-14).
Nicht
verabsolutieren und nicht relativieren
«[Es gibt] sieben Söhne Gottes. Die ganze ins Dasein
getretene Welt, außer dem erstgeschaffenen Sohne Gottes, ist nicht eine
unmittelbare Schöpfung Gottes wie der erste Sohn, sondern ist durch den
erstgeschaffenen Sohn, dem Gott die Schöpferkraft verlieh, ins Leben gerufen.» –
Mediale Erklärung eines hohen Lichtwesens (ca. 1920)* [*zitiert in Greber, S,
265, und Hinz, S. 73; siehe Literaturverzeichnis in Machtwechsel auf der Erde.]
Die angeführten Zitate, die sich gegen die
Verabsolutierung Jesu richten, sollen Jesus aber auch nicht fälschlich rela-tivieren.
Verabsolutierung bedeutet zu behaupten, Jesus sei Gott und alle, die sich nicht
zu Jesus bekehrten, seien
verloren. Diejenigen, die dies behaupten, führen als
Beweis folgende zwei Jesus- Aussagen an: «Ich und der Vater sind eins» und «Ich
bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch
mich.» (Joh 10,30; 14,6).
Jesus sagt jedoch nicht Ich bin der Vater, sondern
«Ich und der Vater sind eins». Das ist ein entscheidender Unter-schied, der
leider von denjenigen, die fälschlich in Jesu Namen kommen, verkannt wird.
Dadurch verwenden sie Jesus als Vorwand für ihre Absolutheits- und Machtansprüche.
Das geschieht aufgrund von Ego-Motiven oder sogar aufgrund von Asura-Absicht,
um die Menschen vom wahren Verständnis Jesu abzulenken.
Was Jesus mit diesen beiden Aussagen meinte, erläutert
er unmißverständlich in jenen Lehren, die in den Kapiteln 12 bis 17 des
Johannes-Evangeliums wiedergegeben sind: «12,44-45: Wer mir vertraut, der
vertraut nicht nur mir, sond-ern dem, der mich gesandt hat. Wer mich sieht, der
sieht den, der mich gesandt hat. 12,49: Was ich euch gesagt habe, stammt nicht
von mir; der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich zu sagen
und zu reden habe. 13,13: Ihr nennt mich Lehrer und Herr. Ihr habt recht, das
bin ich: Ich bin euer Herr und Lehrer. 14,28: ... ich gehe zum Vater, denn er
ist mächtiger als ich. 15,1;5: Ich bin der wahre
Weinstock, und mein Vater ist der Weinbauer ... und ihr seid die Reben. 17,11:
O heiliger Vater, beschütze sie durch deine göttliche Macht, damit sie eins
werden, so wie du und ich eins sind. 17,21-21: So wie du in mir bist und ich in
dir, Vater, so sollen auch sie in uns eins sein. Dann wird die Welt glauben,
daß du mich gesandt hast. Ich habe ihnen dieselbe Herrlichkeit gegeben, die du
mir ge-geben hast, damit sie so untrennbar eins sind wie du und ich.»
Wenn Jesus sagt «Ich und mein Vater sind eins», sagt
er damit eben gerade, daß er nicht der Vater ist. Er ist jedoch eins mit dem
Vater, denn er ist ewig und untrennbar mit ihm verbunden, weil er in
vollkommener Liebe seinen Will-en kundtut: «Denn ich bin aus dem Himmel
herabgekommen, nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen,
der mich gesandt hat» (Joh 6,38). Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben
und niemand kommt zum Vater außer durch ihn, weil Jesus vom Vater kommt und den
Weg zum Vater weist. «Durch mich» bedeutet: «Wenn ihr mich liebt, werdet ihr
meine Weisungen befolgen ... Wer meine Weisungen annimmt und sie befolgt, der
liebt mich wirklich ... Wer mich liebt, der wird sich nach meinem Wort richten;
dann wird ihn auch mein Vater lieben, wir werden zu ihm kommen und bei ihm
wohnen» (14,15;21;23).
Die Anweisungen, die Jesus bringt, finden sich aber
nicht nur in der Bibel! Sie sind in allen Gottesoffenbarungen der Welt zu
finden, und in allen Religionen der Welt finden sich echte Gottgeweihte, die
diesen Weisungen freiwillig und mit Liebe folgen. Sie gehen vollkommen auf dem
Weg, den Jesus weist, obwohl sie dies vielleicht nicht direkt in seinem Namen
tun. Jesus sagt hierzu: «Wer meine Weisungen annimmt und sie befolgt, der liebt
mich wirklich.» Es ist also durchaus möglich, daß ein «Heide», z.B. ein
Veda-Gläubiger, Gott und Jesus mehr liebt als ein sogenannter Christ. Denn nur
durch die echte Liebe des Folgens kommt man zum Vater, und auf diesem Weg zum
Vater ist der Weg nicht verschieden vom Ziel, und weil Jesus der Weg ist, ist
er auch nicht verschieden vom Vater, dem Ziel. Dies geht auch aus der neuen
Einheitsübersetzung der besagten Schlüsselstelle hervor: «Ich bin der Weg, der
zur Wahrheit und zum Leben führt. Einen anderen Weg zum Vater gibt es nicht.
Wenn ihr mich kennt, werdet ihr auch meinen Vater kennen. Schon jetzt kennt ihr
ihn und habt ihn gesehen» (14,6-7).
Jesu
Identität
«Ihr nennt mich Lehrer und Herr. Ihr habt recht, das
bin ich: Ich bin euer Herr und Lehrer.» Jesu wirkte unbestreitbar als Herr und
Lehrer seiner Schüler und Schülerinnen und erfüllte dadurch die Rolle, die im
Hebräischen mit dem Wort Rabbi und im Sanskrit mit dem Wort Guru bezeichnet
wird. Tatsächlich wurde er von den Menschen, auch von den Aposteln, Rabbi
genannt. Aber unter allen Gurus und Rabbis nimmt Jesus eine einzigartige
Stellung ein, wie aus den Schriften und auch aus seiner großen Wirkung
hervorgeht.
Jesus selbst offenbarte einige Hinweise über seine
wahre Stellung innerhalb des Kosmos: «Gott hat mir unbeschränk-te Vollmacht im
Himmel und auf Erden gegeben» (Mt 28,18). «Ich versichere euch, bevor Abraham
geboren wurde, war ich schon da (oder: Ehe Abraham war, war ich)» (Joh 8,58). «Vater,
gib mir nun wieder die Herrlichkeit, die ich schon bei dir hatte, bevor die
Welt geschaffen wurde» (Joh 17,5). «Ich bin das Licht, das über allem ist. Ich
bin das All. Das All ist aus mir hervorgegangen, und das All ist zu mir
gelangt» (Thomas-Evangelium 77a).
Diese hohe Identität Jesu wurde auch von den Propheten
vorausgesagt, z.B. von Micha: «Und du, Bethlehem im Ge-biet des Stammes Ephrat,
du kleinster unter den Gauen Judas, aus dir soll hervorgehen derjenige, der
Herrscher in Israel [im Neuen Jerusalem] werden soll; sein Ursprung ist in der
Vorzeit, in unvordenklichen Zeiten» (Micha 5,2).
Dasselbe erkannten auch die Apostel, nachdem sie Jesus
nach seiner Kreuzigung und Auferstehung in seiner ver-klärten Gestalt sehen und
hören konnten. In ihren Briefen teilten sie ihre Erkenntnisse über die innere
Identität Jesu den Gemeinden mit, denn diese hatten Jesus nie persönlich
gesehen. Was sie sagen, entspricht genau den Selbstoff-enbarungen Jesu und den
Aussagen der alten Propheten: - Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes,
der Erstgebor-ene der ganzen Schöpfung; denn in ihm ist alles erschaffen
worden, was in den Himmeln und auf Erden ist: das Sichtbare und das
Unsichtbare, seien es Throne oder Hoheiten oder Gewalten oder Mächte [die
verschiedenen kos-mischen Rangordnungen der Ältesten, der Erzengel und der
Engel im Universum]. Alles ist durch ihn und auf ihn hin erschaffen worden, und
er ist vor Allem, und alles hat in ihm seinen Bestand» (Brief an die Kolosser
1,15-17).
«In der Vergangenheit hat Gott oft und auf
verschiedene Weise durch die Propheten zu unseren Vorfahren gesproch-en. Aber
jetzt hat er am Ende dieser Tage zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum
Erben von allem eingesetzt hat, durch den er auch die Welten gemacht hat. In
dem Sohn Gottes erscheint die Herrlichkeit Gottes, denn er ent-spricht dem
Wesen Gottes vollkommen, und durch sein machtvolles Wort trägt er das Weltall.»
(Brief an die Hebräer 1,1-3) Diese Eigenschaften – unbeschränkte Vollmacht im
Himmel und auf Erden; Herrlichkeit, bevor die Welt ge-schaffen wurde; der
Erstgeborene der ganzen Schöpfung; der Sohn, durch den Gott die Welten gemacht
hat – weisen aus der Sicht der vedischen Gottesoffenbarung auf eine
einzigartige Identität hin: Brahma (innerhalb der Trinität
Vishnu-Brahma-Shiva). Brahma ist der direkte Sohn Gottes (Vishnus), durch den
die gesamte Schöpfung im Uni-versum vollzogen wird; er ist das erste Lebewesen
im Universum und ging unmittelbar aus Gott, dem Urschöpfer, hervor. Brahma ist
der Demiurg des Universums, von dem die griechischen und gnostischen Schulen
sprechen, und der Pantokrator, der «All- Schöpfer/All-Herrscher», was in der
christlichen Tradition ein bekannter Ausdruck ist, der immer direkt auf den
«Sohn» bezogen wird: Jesus Pantokrator. Brahma ist sowohl Sohn als auch Vater,
denn er ist der Vater des Universums, durch den alle Lebewesen in der Schöpfung
erscheinen.
Brahma ist kein einseitig männlicher Gott-Vater,
sondern umfaßt auch einen vollkommenen weiblichen Aspekt: seine Gemahlin namens
Sarasvati. In der altjüdischen oder zumindest noch in der sumerischen Tradition
wußten die
Menschen namentlich um die Realität Brahmas und
Sarasvatis, ja diese Namen waren so bekannt, daß sich die Menschen sogar mit
diesen Namen bezeichneten, ähnlich wie auch in Indien die Menschen heute noch
Namen wie Krishna, Shankar, Kumar oder Shiva haben. Dies zeigt sich
insbesondere beim biblischen Stammvater, der aus der sumerischen Stadt Ur
stammte. Dieser Stammvater hieß Abram (Abraham), und seine Frau hieß Sara
(Sarai)!
Genauso wie der höchste Vater (Vishnu/Krsna)
regelmäßig auf der Erde erscheint, so erscheint auch Brahma in einer
Inkarnation (wörtlich: Fleischwerdung) auf der Erde: «Und das Wort ward
Fleisch.»
Gemäß vedischer Gottesoffenbarung erschien Krsna, der
Vater, vor 5000 Jahren persönlich auf Erden und erschien vor 500 Jahren
nochmals in einer versteckten Gestalt (Sri Caitanya). Bevor der Vater
erscheint, erscheinen immer auch Brahma und Shiva in irgendeiner Gestalt, um
das Kommen des Höchsten Herrn anzukünden und vorzubereiten, denn Vishnu, Brahma
und Shiva bilden in diesem Universum eine Trinität. Dies war auch im Vorfeld
der Erschein-ung vor 500 Jahren der Fall. Die Veda-Offenbarung identifiziert
die Inkarnationen Vishnus und Shivas: 500 vor Christus erschien Vishnu als
Buddha, und gut 500 nach Christus erschien Shiva als der große Lehrer
Shankara.* Über eine Fleischwerdung Brahmas schweigen die Veda-Quellen.
* Auch diese Vergleiche machen die hohe Identität Jesu
glaubhaft, denn Jesus steht in seiner Wirkung Buddha und Shankara in nichts
nach, ja übertrifft deren Wirkung sogar. Siehe das Kapitel: «Buddha, Shankara
und Caitanya» in Gott und die Götter.
Aus den Ereignissen im Zusammenhang mit dem Erscheinen
Krsnas vor 5000 Jahren wissen wir, daß es Brahma vorausgesagt wurde, er werde
im folgenden Zeitalter nicht innerhalb, sondern außerhalb der vedischen Kultur
gebor-en werden, und zwar in einer Familie von Fleischessern. Auch diese
versteckte vedische Prophezeiung spricht für diese hohe Identität Jesu: er
könnte eine Inkarnation Brahmas sein oder dann eine Inkarnation eines
Brahma-Sohnes, der zur Rechten seines Vaters sitzt. Dies könnte folgende Stelle
im Hebräerbrief (1,3b-4) erhellen: «Weil er die Menschen von ihrer Sünde
befreit, hat er sich im Himmel an die rechte Seite dessen gesetzt, der die
höchste Macht hat, und steht so hoch über den Engeln, so wie die Würde, die
Gott ihm gegeben hat, höher ist als deren Würde. (Zwingli-Bibel: ... und er ist
um so viel erhabener geworden über die Engel, als er ihnen voraus einen
vorzüglicheren Namen ererbt hat.)»
Dies könnte weiter bestätigt werden durch die Tatsache,
daß Jesus in neuen medialen Offenbarungen oft nicht nur Jesus oder Jeshua
genannt wird, sondern in seiner höheren Identität auch Sananda. Dies ist ein
Sanskritname, der in der Veda-Offenbarung sehr bekannt ist, und bezieht sich
auf die ersten «Söhne» Brahmas in der direkten Kumara-Linie (Kumara bedeutet im
Sanskrit «erster Sohn; Prinz; Erbe des Vaters»).
Jesu einzigartige Position bestünde dann darin, daß er
in die dichteste Materie hinuntergestiegen ist und mit seiner Auferstehung und
Himmelfahrt die dreidimensional erstarrte Materie durchbrochen hat, um so die Höherschwingung
und Transformation der Materie wieder einzuleiten. Die «Sünde», von der Jesus
die Menschheit befreit hat, wäre dann (in dieser Interpretation) der Fall der
Menschheit in die dritte Dimension, die durch Luzifer verkörpert wird. Nur bei
extremer Gottferne (im Kali-yuga) fallen gewisse Seelen in die extreme
Materieverdichtung der dritten Di-mension, was durch das Erscheinungsbild der
gegenwärtigen Menschheit in jeder Hinsicht bestätigt wird. Das würde auch
erklären, warum Jesus heute eine solch entscheidende Rolle erfüllt: Er ist der
göttliche Geist hinter der gesamt-en Transformation und Erlösung der Menschheit
aus der dreidimensionalen Verdichtung bis hin zur höchsten, ewig-en Befreiung
aus der Materie, die er vor 2000 Jahren neu einleitete
.Die Identität als Brahma oder Brahma-Sohn würde viele
von Jesu Aussagen über seinen Vater differenzieren, denn
mit Brahma wäre er tatsächlich eins. Brahma ist der
höchste Schöpfergott im Universum, aber nicht der Höchste Gott. Diese
Differenzierung wird bei Jesus oft spürbar, wenn er
vom Vater und von Gott spricht: Manchmal scheint er sich auf Brahma und
manchmal direkt auf den höchsten Gott zu beziehen.
Dieser Gedanke ist nicht neu. Er leitet sich direkt
aus den Aussagen Jesu, der Propheten und der Apostel ab. Auch nachchristliche
Gnostiker und Mystiker haben dieses Mysterium erahnt. Sie wurden von der
späteren Kirche jedoch
allesamt als Ketzer verteufelt und verdammt. Dies
berichtet die Kirchenautorität Irenäus von Lyon im Buch Adver-sus haereses
(«Gegen die Häretiker»): «Ein gewisser Kerinth [im 2. Jh.] aus der Provinz Asia
lehrte, das Univer-sum sei nicht von dem obersten Gott erschaffen worden,
sondern von einer anderen Kraft, die durch weiten Abstand von der obersten
Macht – sie ist über dem Universum – getrennt und entfernt ist.»* [*zitiert in
Hörmann, S. 26; siehe Literaturverzeichnis]
Als Jesus seinen Jüngern sagte, er hätte ihnen noch
vieles zu sagen, konnten sich diese und erst recht die späteren Nachfolger
nicht vorstellen, was Jesus meinte, als er «vieles» sagte: «Ich hätte euch noch
vieles zu sagen, aber ihr
könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt,
der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit leit-en; denn er wird
nicht von sich aus reden, sondern was er hört, wird er reden, und das
Zukünftige wird er euch ver-kündigen. Er wird meine Herrlichkeit sichtbar
machen, denn aus dem Meinigen wird er es nehmen und euch verkünd-igen. Alles,
was der Vater hat, ist mein; deshalb habe ich gesagt, daß er es aus dem
Meinigen nimmt und euch ver-kündigen wird.» (Joh 16,12-15)
Diese Aussage Jesu, die in Kapitel 11 im Zusammenhang
mit der Prophezeiung Joels analysiert wurde, weist darauf hin, daß in Zukunft
neue Offenbarungen durch den Geist der Wahrheit zur Menschheit gelangen werden,
als Unter-weisung und Begleitung der Menschen auf dem Weg der Transformation und
Erlösung aus der dritten Dimension. Auch hinter dieser medialen Türöffnung wirkt
der Geist der Wahrheit, der vom Vater durch das Medium des Sohnes offenbart
wird. Wie sich in den vergangenen Jahrzehnten erwiesen hat, war Jesus oder
Jeshua die Hauptquelle hinter den echten medialen Botschaften, die göttlichen
Ansprüchen genügen (was lange nicht alle Channelings tun). Auch hier zeigt sich
Jesu besondere Rolle in der globalen Transformation.
Das Tor ist
offen
Die obigen Mutmaßungen über Jesu Identität beruhen
direkt auf dem Zeugnis Jesu, der Propheten und der Apostel. Sie werden auch von
vielen späteren Neuoffenbarungen bestätigt. Dennoch sind sie in dieser
Konsequenz nur Hypo-thetisch. Unbestreitbar jedoch ist, daß Jesus entsprechend
dem Willen und dem Auftrag des Vaters eine Tür geöffnet hat, die den Menschen
hohe und höchste Ziele erschließt: «Ich habe euch eine Tür geöffnet, die keiner
mehr zu-schließen kann» (Offb 3,8).
Die Öffnung dieses Tores zurück in die spirituelle
Welt begann bereits vor dem Beginn des Kali-yugas durch das Er-scheinen Krsnas,
wodurch sich Gott und die Gottesworte (Bhagavad-gita) neu offenbarten. Innerhalb
des Kali-yugas wurde die Menschheit von verschiedensten hohen und höchsten
Gottgeweihten für die endgültigen Schritte zurück zu Gott vorbereitet,
insbesondere durch den Gottessohn Jesus, der die Umkehr aus der dichtesten
Materie einleitete und begleitete, bis zum heutigen Tag. Deswegen ist es nicht
erstaunlich, daß die Asuras sich vor allem auf Jesus stürzten und versuchten,
sein Wirken durch Institutionen, Irrlehren, Relativierungen und
Verabsolutierungen unwirk-sam zu machen. Sie wissen, daß die geöffnete Tür von
niemandem geschlossen werden kann. Aber sie wollen die Menschen derart
ablenken, damit niemand merkt, daß die Tür offen ist. Dann bleibt sie zwar
offen, aber niemand geht hindurch.
Diese Rechnung wird jedoch nicht aufgehen, weil schon
viele Menschen durch diese Tür hindurchgegangen sind und weiterhin
hindurchgehen. Und Jesus öffnete die Tür nicht nur für diejenigen, die
hinauswollen, sondern auch für das
Erscheinen Gottes, des Vaters, der von außen aus dem
Reich des ewigen Lichtes in die Dunkelheit der materiellen Welt kommt ...