Vorbilder der Jesus-Saga

 

Die Geschichte Jesu, seine Geburt, sein Leben, seine Taten und auch seine Auferstehung sind in der Welt der Antike nichts Einmal-iges. Gern will uns die Kirche weismachen, Jesus Ideen seien einzigartig und revolutionär gewesen und sein Leben ganz außerge-wöhnlich verlaufen. Das Gegenteil ist der Fall!

Herakles

 

Die Heraklesreligion war zur Zeit Jesu in Syrien, Griechenland und von Rom bis zum Rhein bekannt. Seine Mutter Alkmene und der Adoptivvater Amphitryon reisten zur Entbindung von Mykenai nach Theben, so wie Josef und Maria von Nazareth nach Bethlehem.

Göttervater Zeus hatte Herakles' Geburt vorausgesagt, so wie die Propheten des Alten Testaments das Kommen Jesu' angekündigt hatten. Und kaum war er auf der Welt, wurde auch Herakles von seinen Feinden gesucht und verfolgt.

Herakles wie auch Jesus zogen sich vor ihrem Wirken in die Einsamkeit zurück. Dort erkannten sie ihre Berufung und widerstanden der Versuchung des Bösen. Beide gehorchten einem göttlichen Vater, wandelten übers Wasser und wurden Heiland und Friedens-bringer genannt.

Dem Johannesevangelium zufolge starb Jesus mit den Worten (Joh 19,30) "Es ist vollbracht", während die Erde bebte und der Him-mel sich verdunkelte. Herakles' letzte Worte, bevor er zum Vater in den Himmel schwebte, waren genau dieselben. Angeblich starb er in Anwesenheit seiner Mutter und seines Lieblingsjüngers Hyllos. Der Schuldige an seinem Tod hängte sich wie Judas nach sein-em Verrat aus Reue auf.

Apollonius

 

Apollonios von Tyana zum Beispiel, war ein Zeitgenosse Jesu. Sein von Philostratos aufgeschriebenes Leben liest sich wie eine Ab-schrift der biblischen Jesusgeschichte, zum Teil wie ein Evangelium.

Seine Geburt begleiteten himmlische Erscheinungen und im Tempel verblüffte er schon als junger Mann mit seiner Weisheit alle Priester. Später zog er mit Jüngern predigend durchs Land und sah sich selbst als Gottgesandter. Wie Jesus lehnte auch Apollonios blutige Opfer ab.

Er trieb böse Geister aus, heilte Lahme und Blinde und tat alle möglichen Wunder. Auf Rhodos überzeugte er einen Reichen von der Nutzlosigkeit des Reichtums und in Rom erweckte er ein totes Mädchen zum Leben. Seinen Jüngern kündigte er seine Verur-teilung vorher an und nach seinem Tod stieg er direkt zum Himmel auf.

 

Menachem

 

Ein anderer selbst ernannter Führer war Menachem ("der Tröster") Auch um ihn ranken sich Legenden von einer Geburt in Bethle-hem, wenn auch in einem Königspalast. Er beeindruckte im ersten nachchristlichen Jahrhundert vor allem die Juden und rief zum Widerstand gegen die Besatzer auf.

Im Gegensatz zu Jesus vertraute Menachem auf die Macht der Waffen und setzte sich an die Spitze aufständischer Partisanen, der Zeloten. In vielen Kämpfen machten sie den Römern das Leben schwer, bis sie in Masada durch einen gemeinsamen Selbstmord ihr Ende fanden.

Asklepios

 

Der Kult um Asklepios war schon im 5. vorchristlichen Jahrhundert weit verbreitet. Er rief Gläubige aus aller Welt nach Epidauros zu Wunderheilungen. An Asklepios' Altar stand in großen Lettern das Wort "soter", zu deutsch "Heiland".

Der Theologe Carl Schneider, der sich ausführlich mit dem Ritus dieser griechisch-römischen Gottesfigur auseinandergesetzt hat, berichtet: "Wie Asklepios heilte Jesus mit seiner ausgestreckten oder aufgelegten Hand oder mit einem Finger. Ein von Asklepios geheilter Blinder sieht wie ein von Jesus Geheilter zunächst nur Bäume."

Im Markusevangelium hört sich die biblische Version dieser Geschichte folgendermaßen an (Mk 8,24-25): "Und er (der Blinde) sah auf und sprach: Ich sehe die Menschen, als sähe ich Bäume umhergehen. Danach legte er (Jesus) abermals die Hände auf seine Au-gen. Da sah er deutlich." Beide Wunderheiler besänftigten auch Stürme und erweckten Tote zum Leben. Asklepios' Attribut war ein Stab mit einer eingedrehten Schlange. Der Äskulapstab ist heute das Symbol der Ärzteschaft.

 

Mithras

 

Der bedeutendste Gott im Römischen Reich war zu jener Zeit aber Mithras. Noch im Jahr 307 ernannten ihn die römischen Kaiser Diokletian, Galerius und Licinius zum "Beschützer ihres Reiches" und huldigten ihm, nicht dem Gott der Christenheit.

Wie die katholische Kirche kannte der Mithraskult sieben Sakramente und die Taufe, es gab ein mystisches Mahl (Abendmahl), Fir-mung und Kommunion mit Brot und Wasser. Man rechnete mit einem Jüngsten Gericht und glaubte an eine Auferstehung nicht nur des Geistes, sondern auch des Körpers. Die Hostien trugen ein Kreuzzeichen, auf den Altären brannte ein Ewiges Licht und man wusch mit Blut die Sünden ab.

Seine Geburt wurde am 25. Dezember gefeiert und er sah sich als Vermittler zwischen Ormuzd, dem Lichtgott im Himmel, und Ahriman, dem Satan, alias Beelzebub, alias Belial im Innern der Erde.

Kaum jemand weiß heute, dass noch im 4. Jahrhundert der "Mithracismus" beliebter und verbreiteter als das Christentum war. Die Römer bauten nicht nur in Rom zu Ehren dieses Gottes prächtige Tempel. In London und Paris entstanden Heiligtümer und allein in Deutschland wurden bisher vierzig Kultstätten entdeckt. Erst päpstliche Verbote und Gewalt verhinderten, dass der Mithraskult das Christentum weiterhin bedrohte.

Dionysos

 

Dionysos, der Sohn des Gottes Zeus und einer irdischen Frau namens Semele, war ebenfalls das Ergebnis einer unbefleckten Em-pfängnis. Dionysos wurde in einen Korb, Jesus in eine Krippe gebettet. Und auch Dionysos verwandelte Wasser in Wein, starb am Kreuz und stand danach von den Toten auf.

Der Kult um Dionysos war im Mittelmeerraum weit verbreitet und man huldigte ihm von Syrien bis nach Spanien. In vielen griech-ischen Städten standen Heiligtümer und in Rom lebten einige tausend bekennende Dionysos-Anhänger. Nonnos von Panopolis schrieb 48 Epen zu Ehren dieses Gottes.

Wir sehen also, dass der Kult um Jesus in Mythos und Liturgie eng an die Vorbilder anderer leidender und nach dem Tod aufer-standener Götter angelehnt ist. Zufall können die vielen Übereinstimmungen zwischen den alten Religionen und dem Ursprung der christlichen Lehre jedenfalls nicht sein.

Zu Göttern erhobene Menschen waren zu Jesus' Zeit an der Tagesordnung und überall beliebt. Der römische Satiriker Petronius be-

obachtete seine Landsleute mit scharfem Auge und schrieb: "Unsere Gegend ist so voll von gegenwärtigen Gottheiten, dass man leichter einen Gott als einen Menschen findet."

Was hat Jesus schriftlich hinterlassen?

Jesus selbst hat nichts aufgeschrieben, was uns überliefert ist, obwohl er zweifellos lesen und schreiben konnte. Sonst hätte er kaum im Tempel mit den Priestern über die alten Schriften diskutieren können. Allein diese Tatsache, die niemand bestreitet, sollte uns aufhorchen lassen. Ein gebildeter und weitblickender Mensch hat uns nicht eine einzige Zeile seiner angeblich so heilsbringenden und die Welt bewegenden Botschaft hinterlassen. Er hat kein Denkmal aufgestellt, keinen Stein mit Texten behauen, keinem Chron-isten etwas diktiert und keinen mächtigen Herrscher zu überzeugen versucht oder etwas anderes getan, um seine Verkündigung der Nachwelt zu hinterlassen.

 

Jesus Verfluchungen

 

Auch von Jesus finden wir nicht nur versöhnliche und barmherzige Sprüchlein. Hier ein paar Beispiele, die einen hassenden und un-versöhnlichen Jesus zeigen:

(Mt 10,34-35): "Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter."

(Mt 5,21-22): "Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist "Du sollst nicht töten"; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder (gemeint ist der Glaubensbruder) zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuld-ig."Wer seinen Glaubengenossen für einen Narren hält, also dessen Lehre anzweifelt, macht sich des Todes schuldig. Wo spricht hier der barmherzige Menschenfischer? Wie im Alten Testament ist auch in den Evangelien das In-Frage-Stellen des Glaubens das schlimmste aller Verbrechen. Nicht weit von der Bergpredigt entfernt lesen wir unter anderem auch Jesus' hasserfüllte Verfluchung dreier Städte, die seiner Lehre nicht zujubeln wollten

(Mt 11,23): "Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben werden? Du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden." Ist die Feindesliebe also nur eine nette Floskel, um schwache und ängstliche Schäfchen zu gewinnen? Jesus, das sanfte Lamm Gott-es, sprach zu seinen Jüngern (Mt 13,41-42): "Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alles, was zum Abfall verführt, und die da Unrecht (früher hieß es an dieser Stelle: "das Gesetz Gottes nicht") tun, und werd-en sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein."

Als eine Frau Jesus um Hilfe bat, wies er sie barsch ab (Mt 15,24): "Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel." Fremden zu helfen, war also nicht sein Sinn. Erst als die Frau ihn ein zweites Mal unterwürfig ("hündisch") anbettelt, erfüllt er ihre Bitte.

Wer gegen ihn war, dem wünschte er, (Mt 18,6): "daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meer, wo es am tiefsten ist." Wo spricht hier Jesus' angebliche Feindes- und Nächstenliebe?

Jesus beschimpft die Schriftgelehrten als (Mt. 23,33) "Schlangen, Narrengezücht", obwohl er immer wieder mahnte: (Lk 6,37) "Verdammt nicht!" und (Mt 7,1) "Richtet nicht!"

Den Juden wünschte Jesus Tod und Verderben (Mt 23,35): "... damit über euch komme all das gerechte Blut."

Mit harten Worten verkünden die Evangelisten, wie Jesus die Ungläubigen bestrafen, verbrennen, vernichten, in Stücke hauen oder in den Feuerofen werfen wird (Mt 25,41): "Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel."

Auch Tieren gegenüber kannte Jesus keine Rücksicht. In einer Geschichte ließ er Dämonen in eine (Mk 5,11) "Herde Säue" fahren, die sich daraufhin ersäufte.

Jesus empfahl auch (Mk 9,43): "Wenn dich deine Hand zum Abfall (Vom Glauben abfallen) verführt, so haue sie ab! Es ist besser für dich, daß du verkrüppelt zum Leben eingehst (stirbst), als daß du zwei Hände hast und fährst in die Hölle."

(Mk 16,16): "Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden." Warum nur diese Angst vor den Ungläubigen, ist man doch im Besitz der selig machenden Wahrheit?

Jesus erregte Aufsehen durch verbale Kraftmeierei und Hetzparolen (Lk 11,23): "Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich."

Im Lukasevangelium instruierte Jesus zweiundsiebzig Jünger über das Vorgehen bei der Missionierung. Punkt für Punkt zählte Je-sus auf, wie sie sich zu benehmen hätten. Unter anderem riet er ihnen, niemanden zu grüßen (Lk, 10,4): "Tragt keinen Geldbeutel bei euch (…) und grüßt niemanden unterwegs."

Sollten die Jünger in eine Stadt kommen, die sie nicht aufnehmen will, sollten die Jünger nicht etwa die Bewohner mit Argumenten, guten Taten oder eindrücklichen Argumenten überzeugen. Nein, sie sollten der ganzen Stadt mit Tod und Untergang drohen und sie beschimpfen (Lk 10,11): "Auch den Staub aus eurer Stadt, der sich an unsre Füße gehängt hat, schütteln wir ab auf euch. Doch sollt ihr wissen: das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Ich sage euch: Es wird Sodom erträglicher ergehen an jenem Tage als dieser Stadt.

Jesus sagte ganz klar, warum er hier war (Lk 12,49): "Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden; was wollte ich lieber, als dass es schon brennte!"

Warum werden die Menschen verpflichtet und nicht überzeugt? (Lk 12,5): "Fürchtet euch vor dem, der, nachdem er getötet hat, auch Macht hat, in die Hölle zu werfen. Ja, ich sage euch, vor dem fürchtet euch."

(Lk 19,27): "Doch diese meine Feinde, die nicht wollten, dass ich ihr König werde, bringt her und macht sie vor mir nieder." Das hört sich ja gar nicht so schlimm an, werden Sie jetzt vielleicht denken. Niedermachen bedeutet sicher Niederwerfen. In der Luth-erfassung von 1940 steht aber noch unversöhnlich: "... und erwürgt sie vor mir."

Obwohl Jesus gelegentlich gegen die Benutzung von Waffen aufrief, forderte er dennoch, jeder seiner Jünger (Lk 22,36) "verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert." Waffengewalt war ihm also Recht, wenn es um die Durchsetzung seiner persönlichen Inte-ressen ging.

Nächstenliebe? Weltliebe? Menschenliebe? Das waren angeblich nicht Jesus' Forderungen. Johannes schreibt (1. Jh 2,15): "Habt nicht lieb die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebhat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters."

(Hebr 10,31): "Der Herr wird sein Volk richten. Schrecklich ist's, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen."

Jesus verlangte immer wieder Feindesliebe. Aber nirgends wird berichtet, dass er seinen Gegnern und Feinden jemals etwas ver-ziehen hat.

 

Jesus Kindheitsevangelium

 

Weit verbreitet war lange Zeit das noch heute in Buchhandlungen erhältliche apokryphe (in der Bibel nicht aufgeführte) Kindheits-

evangelium, dessen angeblicher Verfasser Thomas ebenfalls den Namen eines Jesus-Jüngers trägt.

Der eine oder andere Bibelwissen- schaftler ist der Auffassung, es verdiene eine Aufnahme in die Bibel.

Erzählt wird die frühe Kindheit Jesu. Wie diese ausgesehen haben soll, will ich an ein paar kurzen Beispielen zeigen: Eines schönen

Tages spielte der fünfjährige Jesus am Ufer eines Baches. Zum Spaß leitete er das vorbeirauschende Wasser mit bloßer Willenskraft in kleine Teiche um (3,1-3).

Ein Nachbarsjunge nahm einen Weidenzweig und fegte das sorgfältig angesammelte Wasser wieder aus den Pfützen. "Du Dumm-

kopf", schrie Jesus. "Was haben dir denn die Teiche getan? Jetzt wirst auch du verdorren!" Nach diesen Worten fiel der Junge auf der Stelle tot um und Jesus ging frohgemut nach Hause.

Ein paar Tage später, als Jesus durch Nazareth bummelte (4,1-8), rempelte ihn ein Kind an. Jesus wurde wieder wütend. "Du sollst auf deinem Weg nicht weitergehen!", fauchte er und auch dieser Junge fiel hin und starb.

Die Menschen im Dorf wurden aufgebracht und wandten sich an Josef, damit er den Jungen zur Rechenschaft zöge (5,1-9). Doch das verärgerte Jesus noch mehr und er machte alle blind, die sich über ihn beschwert hatten. Sein Motto lautete ganz im alttestamentarischen Sinn: Wer mich nicht respektiert, wird bestraft!

In einer anderen Geschichte (16,1-2) schickte Josef seinen Sohn Jakobus los, um Holz zu sammeln. Dabei biss diesen eine Natter in die Hand. Starr fiel er zu Boden, dem Tode nah. Da trat Jesus auf ihn zu und blies auf die Wunde. Sofort hörte der Schmerz auf, das Tier zerplatzte und Jakobus war wohlauf.

 

Hat Jesus wirklich gelebt?

 

Seit den ersten Tagen des organisierten Christentums stellen sich Menschen diese wichtige Frage. War Jesus menschlich und sterb-lich, war er der vom Herrn gesandte und zu ihm zurückgekehrte Gottessohn oder nur eine Legendengestalt?

Für viele Zweifler ist das eine wichtige Frage und man könnte sie sich sparen, würde Jesus endlich wie versprochen wiederkehren. Aber nach 2.000 Jahren hoffnungsvollen Wartens und endlosen Betens "Unser Herr, komm!" und "Komm, Herr Jesus!" ist wohl nicht mehr damit zu rechnen.

Dass Jesus der Sohn Gottes und auferstandene Christus sein soll, lesen wir in der Bibel. Wenn er aber auch eine historische Person gewesen sein soll, müssten wir das auch aus anderen Quellen erfahren. Gerade dort könnten wir vielleicht interessante Information-en über den Nazarener erhalten.

Genau genommen nennt ihn die Bibel ja den "Nazoräer", was alles Mögliche bedeuten kann, aber nicht "Der Mann aus Nazareth". Zu Recht, denn damals existierte keine Stadt dieses Namens. Der Historiker Flavius Josephus listet in einer zeitgenössischen Schrift 63 Orte im kleinen Galiläa auf, ein Nazareth erwähnt er aber nicht.

Sollte es damals doch ein Nazareth gegeben haben, muss der Ort mehr als bescheiden gewesen sein, obwohl laut Bibel (Lk 4,16) eine Synagoge dort gestanden haben soll, in der Jesus aus den heiligen Schriften vorgelesen haben will. Kleinfunde beweisen, dass damals höchstens ein paar armselige Hütten gestanden haben können, die den Namen Ort nicht verdienen.

Man stelle sich vor, ein religiöser Mann mit besonderer Ausstrahlung wäre durchs Heilige Land gereist. Er hätte die Massen bewegt und die Obrigkeit beunruhigt. Mit Sicherheit hätten überall Schreiber davon berichtet.

Solche Ereignisse wären nicht unbemerkt geblieben, nicht in einer Zeit, als Juden und Griechen unermüdlich notierten, was um sie herum geschah und die Römer rund ums Mittelmeer einen riesigen, alles Wichtige rapportierenden Beamtenapparat unterhielten.

Außerhalb der wenigen biblischen Texte hat uns die Geschichte keinerlei Indizien über Jesus hinterlassen.

Es gibt keine Notiz, keine Inschrift und noch nicht einmal einen Pergamentschnipsel aus jener Zeit, der auf die irdische Existenz des Messias hinweisen würde.

Die biblischen Quellen wiederum entstanden erst nach dessen angeblicher Lebenszeit und gingen allesamt durch missionarisch mo-tivierte Hände. Der älteste Text, entweder ein Paulusbrief oder der Jakobusbrief, kann frühestens aus dem Jahr 50 stammen. (Päpst-liche Hoftheologen gehen übrigens davon aus, dass Jesus um das Jahr 30 gestorben ist, obwohl es keine verlässlichen Anhaltspunkte dafür gibt.) Die Briefe enthalten übrigens keine biografischen Fakten zum Lebensweg Jesu.

Entweder hatten die Berichterstatter aus Palästina, Griechenland und Rom den umherziehenden Gottessohn ignoriert oder sie hatten schlicht und einfach nichts von ihm gehört. Selbst der Zeitgenosse Justus von Tiberias (†92/93), der Galiläa und seine Bewohner genau kannte, erwähnte nie den Menschenfischer am Jordan.

Auch unter den fünfzig Schriften, die wir von Philon von Alexandria (20 v. Chr.-50) besitzen, ist kein Hinweis auf die Ereignisse aus den Evangelien zu finden. Dabei war Philon ein jüdischer Theologe, der das religiöse und philosophische Leben zur Zeit Jesu aktiv mitgestaltet hatte. Viele seiner Schriften befassen sich mit jüdischem Glauben und religiösen Sekten. Und nichts anderes als eine jüdische Sekte waren die Christengemeinden zu Anfang.

Flavius Josephus erwähnte in seinen Schriften aus jener Zeit insgesamt 20 Männer, die alle den Namen Jesus tragen, aber in keiner Weise mit unserem Jesus der Evangelien identisch sein können. Dieser Name war also weit verbreitet und scheinbar beliebt. Selbst wenn also morgen ein Grab mit der Inschrift "Hier liegt Jesus" gefunden würde, bliebe immer noch die Frage, ob hier ein wundertätiger Gottessohn, der Messias der Evangelien oder ein sterblicher Mann gleichen Namens begraben liegt.

Kluge Köpfe äußern sich daher immer wieder kritisch über die vermeintliche Existenz Jesu. Johann Wolfgang von Goethe sprach vom "Märchen von Christus" und wetterte: "Die Geschichte des guten Jesus habe ich nun so satt, dass ich sie von keinem, außer von ihm selbst, hören möchte."

Napoleon zweifelte an der Person Jesus genauso wie Friedrich der Große. Friedrich Nietzsche schrieb mit böser Feder: "Zum Christentum wird man geboren, man muss dazu nur krank genug sein."

Schon 2.000 Jahre vor ihm legte der Philosoph und Christ Justin (100-165) in seinem "Dialog" dem Juden Tryphon in den Mund: "Ihr habt euch eine Wahnvorstellung gemacht. Ihr habt euch selbst Christus gebildet."

Ein kleiner Hinweis über den Messias namens Jesus findet sich auf den ersten Blick in einer aus dem 11. Jahrhundert erhaltenen Handschrift von Flavius Josephus. Es ist also eine Abschrift unzähliger Abschriften und Übersetzungen.

Wir wissen von dieser Jesus-Erwähnung hauptsächlich aus den "Kirchengeschichten" des Eusebius (265-339), eines Hoftheologen von Kaiser Konstantin. Eusebius schrieb, bei Flavius Josephus gelesen zu haben, Jesus hätte als Lehrer Wunder gewirkt, sei zum Kreuzigungstod verurteilt worden und am dritten Tag als Lebendiger wieder erschienen, wie Propheten es vorausgesagt hätten.

Historiker nehmen nun an, dass sich die Schilderung von Jesus nur aufgrund dieses Hinweises aus Eusebius' Feder in vielen mittel-alterlichen Josephus-Exemplaren findet. Man hält den Einschub im Text von Flavius Josephus heute also durchweg für eine christ-liche Fälschung, zumindest in dieser Fassung.

Die pathetischen Worte, mit denen Josephus den angeblichen Christus beschreibt, passen nicht zum übrigen Kontext seiner Schrift-en. Der Echtheit des Textes widerspricht auch eine Beschreibung Josephus' über die jüdischen Freiheitskämpfer, für die er keinerlei Sympathie empfand: "Was sie besonders zum Krieg antrieb, war ein vieldeutiges Orakel, das sich in ihren heiligen Schriften fand und besagte, dass zu dieser Zeit einer aus ihrem Land der Führer der Welt werden sollte."

Das sieht sogar Werner Keller, Autor des Bestsellers "Und die Bibel hat doch recht", so: "Als Fälschung hat man wohl die (...) an-

geführte Josephus-Stelle zu betrachten.

Bezeichnend ist auch, dass sich andere frühe Kirchenväter wie Justin (um 150), Tertullian (um 200) oder Cyprian (um 250) nicht

auf diesen angeblichen Text berufen, obwohl er ihnen doch äußerst willkommen hätte sein müssen.

Als weiteres Indiz für eine Fälschung ist eine Handschrift des Josephus-Textes aus dem Besitz des holländischen Theologen Ger-hard Johann Vossius aus dem 17. Jahrhundert, in dem sich kein Wort über Jesus fand.

Die moderne christliche Theologie hat es aufgegeben, in Jesus eine historische Person sehen zu wollen. Sie verkündet ganz bewusst eine mythische Heilsfigur, die sie den Bedürfnissen der Gläubigen und den Strömungen der Zeit anpassen kann. Der Christus der Urgemeinden ist davon allerdings weit entfernt.

Man ist heute versucht anzunehmen, in den oberen Etagen der Kirchenführung sei man ganz zufrieden, dass sich Jesus nicht mehr blicken lässt.

Er könnte nämlich ganz anders sein, als man ihn in den letzten 2.000 Jahren präsentiert hat.

 

Sind Jesus Verkündigungen brauchbar?

 

Mehr als eine Hand voll ethischer Vorschriften geben die Evangelien für das alltägliche Leben leider nicht her. Nicht einmal die Kernaussagen Jesu sind und waren jemals von praktischer, weltlicher Nützlichkeit.

Im Grunde nimmt die Gebote und feierlichen Versprechen Jesu niemand ernst. Sonst dürften wir keine Banken haben (Mt 6,19): "Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln".

Wir bräuchten keine Polizei (Mt 5,40) "Wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel" und keine Gerichte (Mt 7,1) "Richtet nicht".

Außerdem könnten wir uns die ganze quälende Arbeitsmarktdiskussion sparen (Mt 6,25): "Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet." Es reicht völlig, sich um das Reich Gottes zu kümmern, dann (Mt 6,33) "wird euch das alles zufallen."

Wo aber ist denn der gute (Joh 10,11) "Hirte", der für seine "Schafe" sorgt? (Was für eine Geringschätzung, mündige Menschen "Schafe" zu nennen!) Man stelle sich vor, Millionen Menschen würden ihre Arbeit niederlegen, sich gemütlich hinsetzen und auf Jesus vertrauend nur noch beten.

Paulus, der Jesus immer wieder grundlegend widersprach, hatte dieses Problem schon früh erkannt und die Christenregel vom faul-en Herumliegen umgehend aufgehoben (2. Thess 3,10): "Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen."

Jesus machte keine Anstalten, herrschende Missstände aktiv zu beseitigen. Auch bei ihm suchen wir vergebens nach Lösungen für real existierende Probleme und Grausamkeiten.

Wir finden keine Proteste gegen die zu seiner Zeit weit verbreitete Sklavenhaltung und keinen Aufruf zur Achtung vor der Natur und den Tieren.

Wir finden keinen Rat, der bei einer Schwangerschaft nach Vergewaltigung helfen kann, keine medizinischen Anweisungen gegen Krankheiten, kein Wort zur Gewalt in Familien oder andere Hilfen für wirklich dramatische Probleme.

All das war Jesus wohl zu banal. Abgesehen von einem gelegentlichen "Liebet euch!" hat er nichts Sinnvolles gegen die Not der Menschen hinterlassen.

Was ihn dagegen interessierte, waren Glaubensregeln, Herrschaft, Schuld, Strafe und immer wieder Gehorsam, Gehorsam, Gehor-sam (Mt 13,41-42): "Und die da Unrecht tun, werden sie (die Engel) in den Feuerofen werfen."

Leider hat Jesus, wie zuvor sein himmlischer Vater im Alten Testament, nichts wirklich Neues zu verkünden gewusst. Trotz gött-licher Abstammung erkannte er nicht, dass Menschen und Affen dieselben Vorfahren haben, dass Blitze elektrische Entladungen sind und die Sterne nicht am Firmament über der Erde aufgehängt sind. Jesus glaubte noch an Winddämonen und Geister und kon-ferierte mit dem Teufel in der Wüste.

Als die Priesterschaft Jesus fragt, warum er denn mit (Lk 5,30) "Zöllnern und Sündern" esse und trinke, antwortet dieser (Lk 5,32): "Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten."

Eine wohlklingende Antwort auf den ersten Blick, aber wie Jesus Zöllner und Sünder mit Essen und Trinken zu einem Sinneswand-el bewegen will, bleibt offen. Sollte unsere Polizei mit Drogendealern essen gehen, um sie von ihrem Tun abzubringen?

Bei Johannes werden die Interpretationen von Jesus' realitätsfernen Sprüchen im selben Ausmaß vage, wie seine Person als Christus vergöttlicht wird. Als die Schriftgelehrten eine Frau wegen (Joh 8,3) "Ehebruch" anklagen und Jesus um Rat fragen, bückt der sich, schreibt mit dem Finger etwas in die Erde, richtet sich wieder auf und spricht den berühmten Satz (Joh 8,7): "Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie."

Wunderschön gesagt! Aber ob es der armen Frau geholfen hat und wie diese angebliche Weisheit im täglichen Leben angewandt und ins Rechtssystem einer Gemeinde oder gar einer Nation aufgenommen werden soll, lässt Jesus offen.

Es ist deshalb nicht mehr als ein poetischer Vers. Oder sollte unsere Regierung alle Richter nach Hause schicken und das Bestrafen einstellen? Schließlich sind alle Menschen sündhaft (Röm 3,9): "Denn wir haben soeben bewiesen, daß alle unter der Sünde sind."

Im Grunde hinterließ Jesus keine verbindlichen Richtlinien über das, was man tun oder besser unterlassen sollte. Reiche zum Bei-spiel werden nur bei Lukas attackiert. An anderen Stellen ist Reichtum nicht grundsätzlich verpönt, auch wenn das in der heutigen Leistungsgesellschaft viele Gläubige gerne so hätten.

Weitere unangenehme, aber die Menschen betreffende Themen wie Abtreibung, Verelendung, Alkoholismus, Jugendkriminalität, Invalidität, Arbeitslosigkeit, Altersvorsorge und viele andere erwähnen die Evangelien mit keinem Wort. Die tatsächlichen Probleme der Menschen waren ihnen von zu geringer Bedeutung.

Ludwig Feuerbach hat in seinem Buch "Das Wesen des Christentums" zum Beispiel beschrieben, welch geringen Stellenwert pflanzliches und tierisches Leben in der biblischen Verkündigung hat. Kein einziges Wunder ist überliefert, bei dem Jesus ein Tier geheilt oder sich für es eingesetzt hätte. Tiere und Pflanzen waren für die meisten Menschen der Antike seelenlose Geschöpfe.

 

War Jesus ein Revolutionär?

 

Erich Fromm, der Begründer der humanistischen Psychoanalyse, sah in Christus einen Sohn, der gegen die gottväterliche Autorität aufbegehrte, so wie es kleine Leute manchmal gegen die Mächtigen tun.

Er hielt den christlichen Glauben für "eine Religion von Empörern und Revolutionären."

Wir sollten diesen Gedanken nicht unwidersprochen übernehmen, denn das frühe Christentum war weder staats- noch autoritäts-feindlich. Es lehnte sich höchstens gegen die beengenden Regeln der Tempelpriester auf.

Zudem war die Anhängerschaft der ersten Christen bis weit ins 4. Jahrhundert hinein so gering, dass man nicht von einer umfass-enden Volksbewegung sprechen kann.

Ist es nicht erstaunlich, dass die Menschen einen Versager zur Heilsfigur erhoben haben? Dass Männer und Frauen einem Mann zu-jubeln, der erst verspricht, die Verhältnisse auf der Welt zu ändern, dann aber gedemütigt wird und gewaltsam zu Tode kommt, oh-ne seine Zusagen eingelöst zu haben?

Entgegen aller Vernunft haben es Jesus' Anhänger trotzdem geschafft, andere von diesem Menschen zu überzeugen, aus seinem Scheitern einen Triumph zu machen und sein Leben als einen göttlichen Heilsplan zu formulieren.

Sollte nur ein leidender Schwächling in der Lage gewesen sein, die Schwachen und Ängstlichen dieser Welt für sich zu gewinnen? Oder hatte man einfach das lange Warten auf den versprochenen König aufgegeben und das Scheitern am Kreuz als den eigentlich angestrebten Sieg verkündet, um der Schmach des Irrtums zu entgehen?

Die biblische Steuerschätzung

 

Nur der Evangelist Lukas spinnt eine dramatische Legende mit himmlischer Verkündigung, Krippe und jubelnden Heerscharen um die Geburt des Gottessohnes. (Dafür fehlen bei ihm die Weisen aus dem Morgenland).

Ein Mann namens Josef machte sich demnach mit seiner schwangeren Frau auf die Reise von Nazareth in Galiläa nach Bethlehem in Judäa. Angeblich geschah das zu einer Zeit, als (Lk 2,1-2) "ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war."

Schon vor der Geburt Jesu fangen die biblischen Unstimmigkeiten an. Eine Steuerschätzung in Syrien inklusive Palästina, die Kai-ser Augustus (63 v. Chr.-14) angeordnet haben soll, lässt sich historisch nicht feststellen.

Es gibt keinen Hinweis, der belegen könnte, dass Augustus zur Zeit des Herodes den Auftrag für die Registrierung aller Bewohner erteilen ließ. Das gilt sowohl für das Römische Reich, als auch für das Heilige Land.

Allerdings gab es um das Jahr 6 in Judäa, Samaria und Idumäa tatsächlich eine Volkszählung ("Census"), aber nur innerhalb dieser Provinzen ("Provinzial-Census"). Senator Publius Sulpicius Quirinius (†21) war ab diesem Jahr nachweisbar als Legat für die Pro-vinz Syrien zuständig. Zu dieser Zeit war Herodes (73-4 v. Chr.), durch Roms Gnaden König von Judäa und vermeintlicher Baby-schlächter von Bethlehem, aber schon etliche Jahre tot.

Zudem spricht Lukas von einer von Rom angeordneten Schätzung für das ganze Römische Reich. Damit kann Lukas' und Matthäus' Behauptung, Jesus sei während der Regierungszeit Herodes des Großen zur Welt gekommen, nicht stimmen (Mt 2,1): "Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes."

Wie man es auch dreht und wendet, das Puzzle passt nicht zusammen, denn Herodes war im Jahr 4 gestorben.

Nehmen wir aber trotzdem an, die Römer hätten eine Volkszählung zu jener Zeit angeordnet. Warum hätte Josef mit seiner hoch-schwangeren Frau 150 Kilometer nach Bethlehem reisen und das Leben eines als heilig angekündigten Erlösers aufs Spiel setzen sollen? Das wäre sträflicher Leichtsinn gewesen!

Josef hätte einfach seinen Namen in Nazareth auf die Steuerliste setzen lassen können. Mit Sicherheit hätte er dazu auch die Begleit-ung seiner Frau nicht gebraucht, denn Frauen wurden steuerlich wohl kaum erfasst. In der Sonntagsschule haben wir deshalb gelernt, dass das nicht möglich war, weil sich jeder Bürger in seinem Geburtsort registrieren lassen musste. Der war bei Josef nun mal Bethle-hem.

Aber nur ein verrückter Herrscher würde auf diese Weise eine Steuerschätzung vornehmen. Die halbe Bevölkerung wäre kreuz und quer unterwegs und das Land stünde Kopf. Die Wirtschaft käme zum Erliegen. Und was wäre mit den Alten und Kranken? Wer hät-te die Identität der Registrierten kontrollieren können, wenn man sie in ihren Geburtsorten nicht mehr kannte?

Den Römern konnte doch egal sein, aus welcher Stadt ihre Steuereinnahmen kamen. Hauptsache sie landeten in Rom. Dafür müsste keiner zu seinem Geburtsort zurückkehren. Seit der Antike ist es üblich, an seinem Wohnort Steuern zu zahlen.

Besonders pfiffige Theologen behaupten aus diesem Grund, Josef hätte zum Stammhaus König Davids gehört und Besitz in Bethle-hem gehabt. Aus diesem Grund hätte er sein Eigentum dort registrieren lassen müssen. In diesem Fall wäre Josef aber ein reicher Mann und kein armer Handwerker gewesen, der mit einem Esel reisen und in einem Stall übernachten musste, wie Lukas schreibt.

Maria hätte wohl auch eine Hebamme und Dienerschaft bei sich gehabt, schließlich trug sie den Sohn des Heiligen Geistes in sich. Allen Erklärungsversuchen zum Trotz kann auch dieser herzergreifende Teil der Geschichte einfach nicht stimmen.

Dass Maria und Josef arme Leute gewesen waren, gehörte von Anfang an zum Mythos der Leidensreligion. Lukas beschreibt aus-führlich, wie die beiden nach der Geburt im Tempel von Jerusalem dem Herrn für ihren Sohn Jesus danken wollten. Als arme Eltern konnten sie sich aber nur junge Tauben leisten, die geringste Opfergabe, die der Tempel gerade noch akzeptierte.

Der Grund, warum Jesus bei Lukas unbedingt in Bethlehem zur Welt kommen musste, liegt in der Absicht, die Geburt ideologisch mit den Schriften im Alten Testament zu verwurzeln. Dort prophezeite nämlich der Prophet Micha (Mi 5,1): "Und du, Bethlehem Efrata (...) aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei."

 

Der 25. Dezember wird Geburtstag

 

Im Jahr 353 erklärte die Kirche den 25. Dezember zum Geburtstag Jesu. Diesem Beschluss gingen jahrzehntelange Diskussionen voraus.

Im Jahr 200 hatte Clemens von Alexandrien noch den 17. November für das Geburtsdatum gehalten, andere tendierten zum 20. Mai oder 19. April.

Die religionspolitisch kluge Wahl des 25. Dezember setzte sich schließlich durch. An diesem Tag feierten nämlich die Römer nach alt-er Tradition die Wintersonnenwende, bei welcher der Sonnengott Mithras aus einem Felsen geboren und von Hirten beschenkt wurde.

In unterirdischen Kultstätten feierten die Menschen den Mythos von der Geburt der Sonne. Bei Tagesanbruch traten sie hinaus in die Morgendämmerung, wobei sie als Symbol des wiedergeborenen Sonnengottes oft die Statue eines Kindes bei sich trugen und jubelten: "Der große König, der Wohltäter ist geboren."

Genauso frohlocken die Engel bei Lukas (Lk 2,11): "Heute wurde euch der Heiland geboren."

Man wollte mit der Festlegung gerade dieses Geburtsdatums den damals noch sehr populären Mithras aus dem Bewusstsein des Volkes verdrängen. Die mit staatlicher Macht neu bekehrten Heidenchristen sollten den alten Götterglauben endgültig ablegen und trotzdem ein Gefühl religiöser Vertrautheit mitnehmen Die Bibel selbst weiß nämlich weder etwas vom 25. Dezember noch von der Adventszeit, die übrigens erst im 6. Jahrhundert aufkam. Die Urchristen hatten nicht den Geburtstag Jesu, sondern Passah, Ostern und Pfingsten gefeiert.

Dass Jesus wirklich im Dezember geboren sein soll, stellt Lukas mit seinem Bericht über die legendäre Heilige Nacht nämlich selbst schon ad absurdum (Lk 2,8): "Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde."

Es ist nicht anzunehmen, dass Hirten Ende Dezember noch draußen bei ihren Schafen auf dem offenen Feld sind.

Schon ab November kommen die Tiere in ihre Ställe, denn bald beginnt in dieser Region die kalte Regenzeit. Im Dezember fallen durchschnittlich 147 Millimeter Niederschläge.

Auch von Ochs und Esel und anderen Beigaben, die wir in Krippenspielen zu sehen bekommen, steht nichts in der Bibel. Sie sind Bestandteile der Volksfrömmigkeit und stammen oft aus der apokryphen Literatur.

 

Prophet Jesaja kündigt im A.T. Jesus Geburt an

 

Ein wichtiger Fakt biblischer Verkündigung ist die Aussage, Propheten hätten im Alten Testament die Niederkunft Jesu angekündigt.

So lesen wir zum Beispiel bei Lukas, dass ein Engel der jugendlichen Maria die Geburt eines Kindes ankündigten (Lk 1,31): "Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben."

Das entsprach aber nicht der Prophezeiung, denn der Prophet Jesaja hatte im Alten Testament vorausgesagt (Jes 7,14): "Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel."

Um einen Text zu verstehen und beurteilen zu können, sollte man immer nach dem Autor hinter den Zeilen fragen. Wer also war dieser Prophet Jesaja, der das Kommen des Messias vorausgesehen haben will?

Jesaja hatte seine Weissagungen etwa um das Jahr 540 v. Chr. niedergeschrieben. Er predigte und prophezeite wild durcheinander, verfasste eine seitenlange Verfluchung Nichtgläubiger und kündigte unter anderem eine Überflutung des ganzen Landes Judäa an (Jes 8,7-8): "Siehe, so wird der Herr über sie kommen lassen die starken und vielen Wasser des Stromes, (...) sie werden einbrechen in Juda und sie wegschwemmen und überfluten, bis sie an den Hals reichen."

Bis heute ist so ein Unwetter nicht eingetroffen.

Dem Volk Israel prophezeite er ewigen Frieden (Jes 9,6): "Des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem König-reich." Stattdessen herrscht bis zum heutigen Tag fast pausenlos Krieg. Jesaja kündigte vieles an, was nie eintreffen sollte.

Der Prophet Daniel wiederum sah den Messias kommen mit weltlicher Macht wie einen König (Da 7,14): "Der (Gott) gab ihm Macht, Ehre und Reich, daß ihm alle Völker dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende."

Daniel sah keinen barmherzigen Prediger auf einem Esel reitend, sondern einen mächtigen Herrscher (Da 7,27): "Aber das Reich und die Macht und die Gewalt über die Königreiche unter dem ganzen Himmel wird dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben werden, dessen Reich ewig ist, und alle Mächte werden ihm dienen und gehorchen."

 

Marias Jungfernschaft

 

Die verhängnisvollste aller Geburts- legenden ist die Mär um Marias Jungfernschaft. Auch sie hat ihre Wurzeln in archaischen Sag-en und Wunschvorstellungen.

Um eine Legendengestalt zu einem Halbgott zu machen, muss sie von Gott oder einem seiner Stellvertreter gezeugt worden sein. Bei Jesus übernahm das der Heilige Geist. Um die Befruchtung nun glaubhaft darzustellen, darf die Frau von ihrem irdischen Mann natürlich vorher nicht berührt worden sein.

Nur so kann Gott bzw. sein Stellvertreter sicher sein, dass das Kind auch wirklich zur Hälfte göttlichen Ursprungs sein wird und nicht doch vielleicht die Frucht des Mannes. Die Jungfräulichkeit war also in erster Linie eine dramaturgische Notwendigkeit, um die Empfängnis durch einen Gott glaubhaft erzählen zu können.

Hinzu kam religiöses Machogehabe. Der Gott einer patriarchalischen Stammesreligion würde doch seine Sexualpartnerin nicht mit einem Nebenbuhler teilen! Noch dazu mit einem menschlichen. Einem solchen Gott wäre nicht zuzumuten, sich mit einer Frau zu vergnügen, in der vor ihm schon ein menschlicher Penis war.

Die Geburt durch eine Jungfrau war zudem ein uraltes Dogma, das sich in Babylon (König Sargon von Akkad), Ägypten (Isis), Griechenland (Platon), Persien (Zarathustra), Indien (Buddha) und sogar an Roms Kaiserhof immer wieder finden ließ.

"Wer als ein ganz besonderer Mensch dargestellt werden sollte", sagt der Neutestamentler Gerd Theißen, "musste nach den orienta-lischen Traditionen auch auf ganz besondere Art zur Welt gekommen sein." "Analogische Fantasie" nennt Theißen Legendenbild-ungen dieser Art.

Göttliche Befruchtungen waren in der jüdischen Tradition zwar selten, aber nichts Ungewöhnliches. Schon das Alte Testament be-richtete davon (1. Mose/Gen. 21,1-2): "Und der Herr suchte Sara heim, wie er gesagt hatte, und tat an ihr, wie er geredet hatte. Und Sara ward schwanger und gebar dem Abraham in seinem Alter einen Sohn."

Damals durfte Gott noch persönlich Sex haben, später billigten die sexualfeindlichen Kirchengründer das nur noch dem Heiligen Geist zu. Ihr Gott sollte sich nicht mit etwas so profanem abgeben.

Von einer jungfräulichen Geburt Jesu weiß der älteste Evangelist, Markus, nichts. Auch Matthäus geht darauf nicht ein, sondern er-wähnt nur kurz Marias Schwangerschaft (Mt 1,18) "von dem Heiligen Geist." Ebenso ist für Johannes die Geburt Jesu kein erwähn-enswertes Thema.

Allein Lukas spricht die Jungfräulichkeit Marias ein einziges Mal an, als er den Engel Gabriel verkündigen lässt, Jesus werde ge-boren von (Lk 1,27) "einer Jungfrau, die vertraut (verlobt) war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria." 

Die immer währende Jungfernschaft und die Marienverehrung sind eine spätere theologische Errungenschaft und gehen auf das Konzil von Ephesus 431 (im Abendland das Laterankonzil 649) zurück.

Diese ideelle Erhöhung Jesu wurde vom Patriarchen von Alexandrien initiiert, der Maria zur "Gottesgebärerin" erklärten wollte.

Danach setzte ein grandioser Siegeszug der "Madonna" durch alle Jahrhunderte ein. Obwohl alle vier Evangelisten an Maria nichts Ungewöhnliches gefunden und sie ohne sonderliche Verehrung beschrieben hatten, eroberte die nunmehr zur Gottesmutter Erhob-ene die Herzen der Gläubigen.

Kein Wunder, ist sie doch die einzige weibliche Heilsperson des Christentums und bei der Missionierung von Frauen von unschätzbarem Wert.

Im 6. Jahrhundert kam dann die Vorstellung auf, Maria sei auch noch leiblich in den Himmel aufgefahren, obwohl nicht ein Buch-stabe des Neuen Testaments eine solche Schlussfolgerung zulässt. 1950 erklärte Papst Pius XII. diesen Aufstieg noch zum unantast-baren Glaubensgut.

Seit Jahrhunderten wird dieses Dogma ("assumptio corporalis Mariae") debattiert und immer wieder angefochten. Seine Wurzeln liegen in einem apokryphen Text aus dem 4. Jahrhundert. Obwohl sie nichts anderes als ein frommer Wunsch unserer sexualfeind-lichen Kirchenväter war, feiern wir weiterhin jedes Jahr Mariä Himmelfahrt.

Seit 1854 gilt für Katholiken auch die unbefleckte Empfängnis als Dogma, das heißt nach Kirchenlehre absolute Wahrheit. Maria hatte demnach in ihrem ganzen Leben keinen Geschlechtsverkehr mit einem Mann und ist somit nicht erlösungsbedürftig. Ohne Sex ist nach gängiger Kirchenmeinung keine Erlösung nötig.

Dass das Wort "Jungfrau" eine fehlerhafte Übersetzung der Evangelientexte sei und eigentlich "junge Frau" bedeute, wie es in der "Zürcher Bibel" steht, ist zwar möglich, aber eher ein weiterer Möchtegern-Fakt. Denn im jüdischen Leben jener Zeit war eine junge, unverheiratete Frau immer eine Jungfrau. Alles andere war undenkbar.

Sollte es so etwas Schändliches trotzdem gegeben haben, hätte man es totgeschwiegen, und erst recht nicht in einem heiligen Buch zur Sprache gebracht.

 

Jesus Geschwister

 

Der Jungfrauenkult wirft für die Kirche unangenehme Fragen nach den Geschwistern Jesu auf. Der Papst bestreitet deshalb, dass die

in den Evangelien beschriebenen Brüder ("Herrenbrüder") und Schwestern Jesu existiert haben, obwohl für alle nachprüfbar ge-schrieben steht (Mk 6,3): "Ist er nicht (...) der Bruder des Jakobus und Joses und Judas und Simon? Sind nicht auch seine Schwes-tern hier bei uns?"

An immerhin sieben Stellen des Neuen Testaments ist von diesen Geschwistern die Rede. Auch Matthäus schreibt (Mt 13,54): "Ist er nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt nicht seine Mutter Maria, und seine Brüder Jakobus und Josef und Simon und Judas?" (Warum nennt Matthäus eigentlich Jesus "den Sohn des Zimmermanns"? Die Vaterschaft soll doch Gott oder zumindest der Heilige Geist innehaben.)

Um dem Dilemma von der dauernden Jungfräulichkeit Marias und Jesus' Geschwistern aus dem Weg zu gehen, erklären Theologen die Brüder und Schwestern entweder zu Halbgeschwistern aus Josefs erster Ehe oder aber zu Vettern und Kusinen.

Gewisse Textpassagen enthielten angeblich Übersetzungsfehler. So könne das hebräische "ach" für Bruder und "achot" für Schwes-ter auch Vetter und Base bedeuten.

Dagegen spricht aber die unübliche Aufzählung der Familienmitglieder ".. der Bruder des Jakobus und Josef und Simon und Judas".

Die Bibelschreiber würden wohl kaum Vettern und Basen aufzählen, um Jesus' Familienzugehörigkeit zu beschreiben. Hinweise auf Großeltern oder bedeutende Vorfahren wären viel wahrscheinlicher.

Von Jesus' Bruder Judas (nicht zu verwechseln mit dem Verräter Judas Ischariot) befindet sich übrigens ein sehr kurzer Brief im Kanon des Neuen Testaments.

Dort nennt sich Judas aber nicht Bruder, sondern (Jud 1,1): "Judas, ein Knecht Jesu Christi."

Im Jahr 400 tauchen in einer "Geschichte Josefs des Zimmermanns" noch zwei Schwestern namens Lysia und Lydia auf und um das familiäre Durcheinander zu komplettieren, erwähnt 370 ein gewisser Bischof Epiphanius mit Maria, Anna und Salome drei weitere Schwester

 

Jakobus, der Bruder Jesu

 

Der Historiker Flavius Josephus berichtet in seinem Text "Jüdische Altertümer" von einer Sitzung des Hohen Rates im Jahr 62, in der Todesurteile ausgesprochen wurden (20,200). Einer der Delinquenten wird dort namentlich aufgeführt als "der Bruder des Jesus, der Christus genannt wird, mit Namen Jakobus".

Der damals zwar unübliche, aber vermutlich echte Namenszusatz wäre überflüssig gewesen, hätte keiner diesen Jesus gekannt. War also Jesus doch eine historische Gestalt?

Genau genommen besagt der Hinweis nur, dass es im Jahr 62 einen Jakobus gab, der von sich behauptete, der Bruder Jesu zu sein, der zu dieser Zeit schon 32 Jahre tot war.

Jakobus war, historisch verbrieft, ein angesehenes Mitglied der judenchristlichen Gemeinde in Jerusalem. Er war aber auch der An-führer einer dogmatischen Gruppe, die sich in heftige Auseinandersetzungen mit Paulus und seiner Lehrmeinung verstrickte.

Jakobus war also ein beherzter Anhänger Jesu und damit ein "Bruder des Herrn", wie er sich auch nennen ließ.

"Was die Bezeichnung Bruder genau bedeutet," schreibt Peter Calvocoressi in seinem "Who's who in der Bibel", "ist unklar." Jako-bus sprach jedenfalls auch Mitglieder seiner Gemeinde als Brüder an (Jak 1,2): "Meine lieben Brüder."

Der Jerusalemer Judenchrist Jakobus ist auch der Autor eines Briefes, der erst nach langen Debatten Eingang in die Bibel gefunden hat. Noch im 4. Jahrhundert äußerte Kirchenvater Eusebius Zweifel, ob der Brief in den Kanon der Bibel passte und Martin Luther bezeichnete ihn als "stroherne Epistel".

In diesem Jakobusbrief bezeichnet sich der Autor jedenfalls nicht als Bruder Jesu, sondern als (Jak 1,1) "Jakobus, ein Knecht Gottes und des Herrn."

 

Jesus Mutter-Sohn-Verhältnis

 

Mit Jesus' Heranwachsen nahm ein ungewöhnliches Mutter-Sohn-Verhältnis seinen Anfang. Während die katholische Kirche Maria in den höchsten Tönen lobt, rotzte Jesus nur unfreundlich mit ihr herum.

Als die Eltern ihren Jungen nach tagelangem, angstvollem Suchen im Tempel fanden und ihn fragten, warum er nicht nach Hause gekommen sei, gab er nur unfreundlich zur Antwort (Lk 2,49): "Warum habt ihr mich gesucht? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?"

Ohne ein versöhnliches Gespräch anzubahnen, lässt Lukas die Eltern einfach dumm in der Tempelhalle stehen (Lk 2,50): "Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen sagte." Es scheint, als hätte Gott ein ziemlich einfältiges Elternpaar für seinen Sohn aus-gewählt.

Jesus' Verhältnis zu seiner Mutter bleibt durch alle Schriften hindurch mysteriös und er fährt sie auch sonst harsch an. Während ein-er Feier macht sie sich Sorgen, weil kein Wein mehr da ist. Jesus kümmert das nicht. Er antwortet nur kaltschnäuzig (Joh 2,4): "Was geht's dich an, Frau, was ich tue?"

Entgegen der alten Tradition, seine Eltern zu achten und zu ehren, zieht es Jesus vor, selber geliebt zu werden (Mt 10,37): "Wer Va-ter oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert."

Als Jesus eines schönen Tages vor dem Volk redet, wird ihm gemeldet, seine Mutter und seine Brüder stünden draußen und würden gern mit ihm reden.

Abweisend entgegnet Jesus (Mt 12,48): "Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?" Er streckt die Hand über seine Jünger aus und ruft (Mt 12,49): "Das ist meine Mutter, und das sind meine Brüder!"

Seine Abneigung gegen die Mutter steigert sich fast zum Hass, wenn er über die Ehre von Vater und Mutter referiert (Lk 14,26): "Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein."

Bibelinterpreten meinen zwar, das Wort "hassen" habe damals eine andere Bedeutung gehabt und könne als Synonym für "hintenan-stellen" verstanden werden. Doch wie man es auch liest, die Evangelien zeigen alles andere als ein warmes und liebevolles Fami-lienverhältnis.

 

War Jesus ein Hippie, ein Superstar oder ein Streuner?

 

Heute würde man Jesus' Begleiter wohl als arbeits- und besitzlose Herumstreuner ohne festen Wohnsitz beschreiben, die von Spen-den und Einladungen leben, ausgiebigem Essen und Trinken nicht abgeneigt sind und sich in schlechter Gesellschaft bewegen (Mt 11,19): "Siehe, was ist dieser Mensch (Jesus) für ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner (Steuerpächter, aber Synonym für Betrüger und Gauner) und Sünder!"

Jünger um sich zu scharen, war unter Rabbinern durchaus üblich. Thorastudenten suchten sich einen Lehrer, genauso wie sich heute junge Wahrheitssuchende einem Guru anschließen.

Während aber Rabbiner niemals Frauen aufnahmen, brach Jesus anscheinend dieses Tabu. Ob er das aus Achtung vor den Frauen tat oder weil er sich von ihnen finanziell unterhalten ließ, bleibt unklar.

Unter den gelegentlichen weiblichen Begleitern der Männertruppe waren (Lk 8,3) "nämlich Maria, genannt Magdalena, von der sieben böse Geister ausgefahren waren, und Johanna (...) und Susanna und viele andere, die ihnen dienten mit ihrer Habe."

Das bedeutet auf gut Deutsch, Jesus hatte vom Geld der Frauen gelebt. War er nun ein Frauenfreund, ein Superstar mit Groupies im Gefolge oder ein Schmarotzer, der sich nicht selber ernähren konnte?

Es ist überhaupt unverständlich, dass Frauen mit den Jüngern unterwegs gewesen sein sollen. Das Umherziehen einer ledigen Frau mit einer Gruppe von Männern war in der damaligen jüdischen Gesellschaft eigentlich unvorstellbar.

Bibelexperten wie Alfred Worm, ehemaliger stellvertretender Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "profil", mutmaßen deshalb, Jesus sei, wie jeder andere Rabbi auch, verheiratet gewesen. Seiner Meinung nach hätte man einen Rabbi ohne Ehefrau gar nicht ernst genommen.

Bei Matthäus lesen wir zudem, dass Jesus ins Haus seines Jüngers Petrus ging und dort (Mt 8,14) "dessen Schwiegermutter zu Bett" vorfand. Wer eine Schwiegermutter hat, sollte auch eine Ehefrau haben. War also mindestens einer der Jünger verheiratet oder ver-witwet?

 

Jesus einfältige Jünger

 

Markus hatte in seinem Evangelium die Jünger gern als beschränkte, begriffsstutzige Männer vorgeführt. Immer wieder wurden sie von Jesus angepöbelt (Mk 4,13): "Versteht ihr dies Gleichnis nicht, wie wollt ihr dann die andern alle verstehen?"

Offenbar erfassten die Herren den Ernst ihrer Mission nicht so recht. Als Jesus kurz vor seiner Hinrichtung im Garten Gethsemane übernachtete, bat er seine Jünger, mit ihm wach zu bleiben.

Doch diese waren zu schwach und schliefen immer wieder ein, anstatt mit Jesus in diesen schweren Stunden zu beten. (Mt 26,40) "Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?", beschwerte dieser sich genervt.

Wenn uns schon Jesus nichts Schriftliches hinterlassen hat, hätten es doch seine Jünger tun können, da sie je viel länger gelebt hab-en. Aber sie waren nicht einmal im Stande, wenigstens die wichtigsten Ereignisse zu datieren und anständig zu protokollieren. Selbst wenn sie Analphabeten waren, hätten sie Schreibkundigen alles Wichtige diktieren können. Schließlich sind Juden- und Christentum ausgeprägte Schriftreligionen, denen Wort und Text immer wichtig waren.

Entweder erschien den Jüngern das Wirken ihres Meisters zu banal oder es hatte gar nicht stattgefunden, sodass es auch nichts auf-zuschreiben gab.

Jesus selbst lästerte jedenfalls über die "verhärteten" und "verstockten" Herzen der Jünger und tadelte sie (Mk 7,18): "Seid ihr denn auch so unverständig?"

Es zeigt sich immer wieder, dass er seine liebe Mühe mit seiner Gefolgschaft hatte (Mk 8,17): "Versteht ihr noch nicht, und begreift ihr noch nicht?"

Ein anderes Beispiel, das die Trägheit der Aposteln demonstriert: Nachdem Jesus beim Abendmahl seinen Verräter entlarvte, folgte auf diese dramatische Ankündigung keine Reaktion. Die Anwesenden schlemmten unbekümmert weiter. Kein Jünger empörte sich, keiner fragte nach und keiner beschimpfte Judas. Stattdessen sangen sie gemeinsam ein Lied.

Als Jesus am Kreuz hing, hatten sich, von einer einzigen Ausnahme im Johannesevangelium abgesehen, die Jünger aus dem Staub gemacht. Ob aus Angst oder Dummheit wissen wir nicht.

Jedenfalls standen sie Jesus nicht bei und setzten sich nicht für ihn ein. Stattdessen zogen sie sich zurück und hielten sich aus allem heraus. Weshalb man sie trotzdem als Märtyrer und heilige Männer ehrt, kann ich nicht nachvollziehen.

Lukas berichtet weiter, was passiert war, nachdem die Jünger erfuhren, dass Jesus aus dem Grab auferstanden war. Sie erfahren von drei Frauen vom mysteriösen Verschwinden des Leichnams, aber sie glauben ihnen nicht (Lk 24,11): "Und es erschienen ihnen die-se Worte, als wär's Geschwätz."

Wieder entpuppen sich die Jünger als begriffsstutzige Tölpel. Dabei hatten sie die heiligen Texte gelesen und Jesus immer wieder verkünden hören, dass er sterben und nach drei Tagen auferstehen würde. Warum glauben sie es jetzt nicht?

Die Herren haben offenbar nichts begriffen oder ein ausgesprochen schlechtes Gedächtnis.

 

Warum Jesus keine Kirche gründete

 

Kaum etwas geht aus allen Berichten über Jesus klarer hervor, als dass er niemals eine Kirche gründen wollte. Jesus verkündete im-mer nur die Herrschaft Gottes, nie die Herrschaft einer Institution oder einer Gemeinde.

Nirgendwo findet sich die leiseste Aufforderung, eine Organisation zu gründen. Hätte Jesus dergleichen beabsichtigt, hätten er und seine Apostel wohl kaum in der Synagoge, dem Gebetshaus der Juden, gebetet, sondern eine eigene Kirche gebaut (Apo 3,1): "Pet-rus aber und Johannes gingen hinauf in den Tempel um die neunte Stunde, zur Gebetszeit."

Als genügsamer Sohn eines Zimmermanns hätte ihm eine kleine Hütte als Gotteshaus sicher gereicht. Wäre er ein Kirchengründer gewesen, hätte er vermutlich in weiser Voraussicht seine Nachfolge geregelt, damit nicht schon unter den allerersten Christen Streit-igkeiten um Rangfolge und Befugnisse ausgebrochen wären.

Die römische Kirche würde das natürlich nie so stehen lassen. Um ihre Berechtigung als Nachfolgerin Christi zu legitimieren, hatte sie tief in die Bibelversekiste gegriffen und an einer Stelle den eigentlich zusammenhanglosen Satz gefunden (Mt 16,19): "Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben."

Dieser Spruch, dem keine Erklärung voranging und dem nichts hinzugefügt wurde, soll angeblich beweisen, dass Jesus seinen Apostel Petrus beauftragt hatte, eine Kirche zu gründen, was dieser dann in Rom auch getan haben soll.

Jesus dagegen hielt eine Missionierung im größeren Stil für überflüssig. Schließlich hatte er vor, bald wiederzukommen. Er befahl deshalb seinen Jüngern (Mt 10,5-6): "Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter, sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel."

Angeblich lohnte es sich nicht, auch die Römer und Griechen zu bekehren, denn die Jünger würden (Mt 10,23) "mit den Städten Is-raels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt" und sein Reich auf Erden errichtet.

 

Jesus Wundertaten

 

Die Menschen im Römischen Reich, außerhalb der großen Metropolen, waren größtenteils kaum gebildet. Sie waren unkritisch und in ihrem entbehrungs- reichen Leben beseelt von der Hoffnung auf eindrucksvolle Wunder. Die Sehnsucht danach war in der religi-ösen Landschaft jener Zeit allgegenwärtig.

Immer wieder sollen Heilige, aber auch Nicht-Heilige Kranke geheilt, Tote zum Leben erweckt, Nahrung vermehrt, Wetter und Ele-mente beeinflusst und Dämonen besiegt haben. Das gilt für Herakles, Dionysos, Buddha, Pythagoras und Apollonios genauso wie

für Jesus.

Schon lange vor dessen Erscheinen hatte jede Religion versucht, ihre Lehren mit beeindruckenden Zaubereien zu "beweisen". In der antiken Literatur gibt es Vorläufer zu allen biblischen Wundern.

Der griechische Geograph und Historiker Strabon (63 v. Chr.-23) schrieb zur Zeitenwende: "Weiber und niederes Volk muss man durch Fabeln und Wundergeschichten zur Gottesfurcht bringen."

38 Wunder soll Jesus den Überlieferungen der Evangelisten zufolge vollbracht haben, wobei die Hälfte von nur jeweils einem er-

wähnt wird. Zudem unterscheiden sich die Wundertaten teilweise erheblich voneinander.

Jesus hatte in den drei ersten Evangelien seine Jünger ausdrücklich dazu aufgefordert, Kranke zu heilen (z.B. Lk 9,1). Ob sie es tat-en, weiß niemand.

Die Kirche jedenfalls nahm diesen Jesusauftrag nie ernst, von einigen selbstlosen Gottesdienern einmal abgesehen. Was sollte sie sich um Kranke kümmern? Sie brauchte Gläubige!

Jesus heilte einen Aussätzigen und bat ihn anschließend, niemandem davon zu erzählen, (Lk 5,15) "aber die Kunde (...) breitete sich immer weiter aus, und es kam eine große Menge zusammen, zu hören und gesund zu werden von ihren Krankheiten." Eine solche Reaktion ist nur verständlich und würde sich heute genauso abspielen.

Aber anstatt, dass der barmherzige Jesus die Gelegenheit ergriffen und eine größere Anzahl Kranker von ihrem Elend befreit hätte, zog er (Lk 5,16) "sich zurück in die Wüste und betete." War er sich zu fein, ein paar Stündchen zu heilen. Oder könnte es sein, dass er vor der Menge flüchtete, weil er gar nicht heilen konnte?

Wie bei allen Mystikern waren auch bei Jesus nicht die Heilung Kranker oder die Auferweckung Verstorbener vorrangiges Ziel der Wundertat, sondern Selbstbestätigung und Machtdemonstration.

Wäre es ihnen wirklich um die Menschen gegangen, hätten er und seinesgleichen Zelte aufgestellt und Tag für Tag die Leidenden von ihren Schmerzen befreit.

In einer Zeit, in der die ohnehin rudimentäre medizinische Versorgung nur wenigen Privilegierten zugänglich war, hätte wahrlich genug Bedarf bestanden. Epileptiker vor staunendem Publikum zu "heilen", war wahrscheinlich die leichteste Nummer für antike Wundertäter. Auch Jesus ist dieses Kunststück gelungen, als ein Mann seinen Sohn zu ihm brachte (Mk 9,17-18): "Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir, der hat einen sprachlosen Geist. Und wo er ihn erwischt, reißt er ihn; und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht mit den Zähnen und wird starr."

Wir lesen hier in der Bibel das typische Krankheitsbild eines Epileptikers. Doch trotz Verwandtschaft mit dem Schöpfer der Men-schen wusste Jesus keine Erklärung dafür und heilte den Jungen einfach, indem er ihn anschrie (Mk 9,25): "Du sprachloser und tau-ber Geist, ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein!"

Wie wir alle wissen, dauert ein epileptischer Anfall in der Regel nicht lange und der Kranke erscheint danach wieder weitgehend normal. Ein unbedarfter Beobachter hätte also annehmen können, der Kranke sei von seinem Leiden befreit. Bis man dann fest-stellte, dass die Heilung nicht von Dauer war, befand sich der Wohltäter schon im nächsten Ort.

Solche Bibelpassagen sind besonders verhängnisvoll, weil sie durch alle Jahrhunderte hindurch als einziges Erklärungsmodell für Geisteskrankheit gedient und den Umgang damit in problematischer Weise beeinflusst haben. Noch heute ist die Vorstellung "geisteskrank gleich böse und aggressiv" gesellschaftlich lebendig, wenn auch unterschwellig.

Eine 1982 im Rahmen einer Forschungsarbeit durchgeführte Studie über das Bild von Geisteskranken in der Trivialliteratur belegt die Auswirkungen solchen Teufels- und Dämonenglaubens bis in die heutige Zeit. Auch die im Teufelswahn der Bibelverkünder ge-borene Hexenverfolgung war die Frucht dieses von Jesus autorisierten Umgangs mit angeblich bösartigen Geistwesen.

Wie so oft kennt die Bibel auch zu diesem menschlichen Phänomen weder tröstende Worte noch barmherziges Verständnis.

Vielmehr straft sie geistig erkrankte Menschen mit verbaler Herabsetzung und Verunglimpfung.

 

Der Teufel verführte Jesus

 

Mit dem Teufel höchstpersönlich sprach Jesus (Mt 4,11 und Lk 4,1): "Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde." Anstatt aber mit Feuer und Schwert um die Weltherrschaft zu kämpfen, tauschten Jesus und der Teufel wider Erwarten nur friedlich ihre Ansichten aus.

Letzterer wollte auch gar nichts Böses, sondern dem Gottessohn einfach nur den Glauben an Gott abschwatzen und ihm dafür die Weltherrschaft anbieten. (Schließlich tat Jesus auch nichts anderes, als den Juden ihren Glauben auszureden.)

Natürlich wehrte sich Jesus mit ein paar ergreifenden Zitaten tapfer gegen das Angebot von Geld und Macht. Als ihn der Teufel bat, zum Beweis seiner Macht aus Steinen Brot zu machen, entgegnete ihm Jesus mutig (Mt 4,4): "Der Mensch lebt nicht vom Brot all-ein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht."

Nach drei weiteren "Weisheiten" dieses Kalibers gab der Satan schließlich auf und zog sich zurück. Es reicht also, dem mächtigen Satan ein paar mehr oder minder kluge Verse entgegenzuschleudern und schon kapituliert er (Mt 4,7): "Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen."

Jeder Sonntagsschullehrer beschreibt den Höllenfürst bedrohlicher als es die Bibel an dieser Stelle tut.

Diesen kurzen Dialog zwischen Jesus und seinem Erzfeind nennt die Kirche bedeutsam die "große Versuchung". Der Katechismus begründet damit die 40tägige Fastenzeit, mit der sich "die Kirche jedes Jahr mit dem Mysterium Jesu in der Wüste" vereint.

Aber worin liegt eigentlich die Versuchung, wenn einem Mann, der sowieso bald König der ganzen Welt sein wird - und Jesus war sich dessen sicher -, die Weltherrschaft angeboten wird?

Dieser Verlockung zu widerstehen, dürfte nicht schwer fallen.

Dabei wollte der Teufel lediglich mit drei einfachen Beweisen von Jesus wissen, ob er wirklich Gottes Sohn sei. Das ist doch wahr-lich nicht zu viel verlangt. Wir würden Jesus wahrscheinlich auch darum bitten, wenn er sich uns als Gottessohn vorstellen würde.

Vielleicht ist die Geschichte von den drei Fragen des Teufels und den drei Antworten Jesu kein wirkliches Ereignis, sondern eine Art Gebrauchsanweisung für Gemeindeprediger und Missionare.

Sie soll zeigen, wie man den kritischen Fragen der Gläubigen und den Versuchungen der Welt mit weisen Sprüchen Paroli bieten kann.

 

Jesus wollte gekreuzigt werden

 

Nach der vatikanischen Kommission für das "Heilige Jahr" (2000) ging Jesus an diesem Tag nach Jerusalem, "in der klaren Absicht, seinen Erlösungsauftrag zu offenbaren und zu erfüllen." Angeblich bekannte er sich im Neuen Testament als das für alle Menschen geopferte, endgültige Passahlamm des Neuen Bundes (1. Kor 5,7): "Denn auch wir haben ein Passahlamm, das ist Christus, der ge-opfert ist."

Es war also eine Art Selbstmord. Jesus war ja von ihm wohl gesonnenen Pharisäern vor seinem Feind gewarnt worden (Lk 13,31): "Mach dich auf und geh weg von hier; denn Herodes will dich töten."

Aber Jesus wollte unbedingt nach Jerusalem, um seine Verkündigung in einem grandiosen Finale vollenden zu lassen (Lk 13,33): "Es geht nicht an, dass ein Prophet umkomme außerhalb von Jerusalem."

Die Vorstellung, Jesus habe von seiner Verhaftung, Verurteilung und Kreuzigung gewusst und spiele wie in einem Film eine Rolle zu Ende, wirkt schon sehr merkwürdig. Warum hätte er das tun sollen? Dass er mit diesem Akt der Selbstdarstellung die Sünden nicht von den Menschen nehmen konnte, wissen wir nach 2.000 Jahren ungeduldigen Hoffens und Beobachtens.

Hätte Jesus seine Heilslehre, seine Sündenübernahme und Gottwerdung nicht anders glaubhaft machen können, als mit diesem blut-igen Theater?

Würde es überhaupt ein Christentum geben, wenn Jesus vor den Toren Jerusalems auf die warnenden Pharisäer gehört hätte und wieder umgekehrt wäre?

Der Verrat von Judas Iskariot wird in unseren Tagen wieder heftig diskutiert. Wer die entsprechenden Bibelstellen im Johannes-evangelium aufmerksam liest, gewinnt nämlich den Einruck, Jesus habe sich mit Judas abgesprochen, um ganz bewusst seine Ver-haftung herbeizuführen.

Denn wenn die ganze Passionsgeschichte Jesus' vorherbestimmter Weg zur Erlösung der Menschen sein soll, wäre Judas' Tat die notwendige Initialzündung gewesen.

Judas wäre demnach kein Verräter, sondern vielmehr ein aktiver Helfer auf dem göttlichen Erlösungsweg.

Leider lässt diese Interpretation höchstens das Johannesevangelium zu. Nur dort wird Jesus gefangen genommen, weil er es auch selber wollte (Joh 18,4): "Da nun Jesus alles wusste, was ihm begegnen sollte, ging er hinaus und sprach zu ihnen (den Soldaten)."

Ihm war also klar, was auf ihn zukommen sollte und er hatte Judas kurz zuvor aufgefordert, er solle nun tun, was zu tun war (Joh 13,27): "Was du tust, das tue bald!"

 

Der Prozess

 

In allen Evangelienberichten zum Prozess hat Jesus kaum mehr zu seiner Verteidigung oder zu den Inhalten seiner Lehre gesagt, als ein paar Beschimpfungen und poetische Verse.

Warum hat ein Prediger, der die Massen bewegt haben soll, keine Argumente, um sich und seine Ideen zu rechtfertigen und seine Zuhörer für sich zu gewinnen? Oder waren es die Evangelienschreiber, die nicht wussten, welche Weisheiten sie einem Gottessohn in den Mund legen könnten?

Warum konnte er sich nicht mit der religiösen Obrigkeit vernünftig über die Probleme im Tempeldienst unterhalten? Dass sich die Tempeloberen in Jerusalem am Geldwechseln bereichert und den Prediger nicht vorbehaltlos als Messias anerkannt hatten, kann kaum der wahre Grund für die Feindschaft gewesen sein.

Jesus hätte ja erst einmal Reformen fordern und überzeugende Argumente vortragen können, bevor er randalierte. Stattdessen fiel ihm während seines Prozesses nichts Gescheiteres ein, als zu wettern (Mt 23,27): "Wehe euch, Schrift- gelehrte und Pharisäer (eine religiöse Splittergruppe), Heuchler, weil ihr getünchten Gräbern gleicht."

Über 39 Verse hinweg schimpfte Jesus im Matthäusevangelium (Mt 23,1-39) über die Gelehrten und Priester (Mt 23,33): "Schlang-en, Otternbrut, wie solltet ihr dem Gericht (...) entfliehen?" Erklärungen für seine Vorwürfe oder Verbesserungs- vorschläge lieferte er allerdings keine.

Wie so viele andere Prediger überspielte auch Jesus seine mangelnde Überzeugungskraft durch das Verunglimpfen anderer. Seine dürftigen Argumente gegen die Priesterschaft im Tempel von Jerusalem müssen einen aufgeklärten Christen unserer Tage er-schrecken.

Jesus wirft ihnen vor, nur zu reden und nichts zu tun, lässt aber offen, was er von ihnen erwartet. Ebenso vage bleiben die (Mt 23,4) "unerträglichen Bürden", welche die Priester den Menschen angeblich auferlegen.

Den Vorwurf, sie würden sich ihre Dienste mit Gold bezahlen lassen, darf Jesus den Herren sowieso nicht machen, nimmt er doch selbst auch Geld an. Durch Arbeit hat er jedenfalls nie etwas verdient.

Im Matthäusevangelium (Mt 23,1-39) erinnern diese fadenscheinigen Beschuldigungen eher an albernes Geschwätz, als an ernst-haften religiösen Disput unter Gelehrten. Die Litanei endet mit Verfluchungen, Racheschwüren und der drohenden Zerstörung des Tempels (Mt 24,2): "Es wird hier nicht ein Stein auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde."

Bei Markus verläuft die Auseinander- setzung etwas gesitteter. Wenn die Gelehrten Jesus fragen, warum er und seine Jünger das Brot mit ungewaschenen Händen essen (Mk 7,2), begnügt er sich damit, diese als (Mk 7,6) "Heuchler" zu beschimpfen und sie zu belehren (Mk 7,7): "weil (...) solche Lehren nichts sind als Menschengebote."

Keine Argumente, keine überzeugenden Erklärungen, keine Fakten! Dabei wollten die Gelehrten nur wissen, mit (Mk 11,28) "welcher Vollmacht" Jesus als Messias unterwegs war. Anstatt es ihnen zu erklären oder ein kleines Wunder geschehen zu lassen, antwortete Jesus trotzig (Mk 11,33): "So sage ich euch auch nicht, aus welcher Vollmacht ich das tue." Ende der Debatte!

Die Beleidigungen gehen allerdings weiter (Mk 12,40): "Sie (die Schriftgelehrten) fressen die Häuser der Witwen und verrichten zum Schein lange Gebete."

Wahrscheinlich schwatzten die Beschuldigten den Witwen tatsächlich die Immobilien ab und verdienten an langen Gebeten höhere Honorare. Aber wo bleiben die Beweise für diese Vorwürfe? Warum konnte Jesus über solche Missstände nicht vernünftig reden, ohne dauernd ausfallend zu werden?

Sicher gab es auch ehrliche Priester, mit denen er gemeinsam die Probleme hätte lösen können. Als Gottessohn lag ihm die Macht ja in den Händen.

Auch im Lukasevangelium wird die Frage der Priester nach Jesus' Vollmacht nicht beantwortet. Stattdessen wirft ihnen der Messias kleinlich ihre Vorliebe für lange Gewänder und ihren Anspruch, respektvoll gegrüßt zu werden, vor. Das Lamm Gottes ist nicht großmütig genug, den alten Herren die Ehrerbietung zu gönnen, obwohl er selbst pausenlos Gehorsam und den blinden Glauben an seine Person fordert.

Johannes beschreibt die Prozessszene vor dem Hohen Rat am ausführlichsten. Bei ihm fragen die Priester Jesus über seine Jünger und seine Lehre aus. Er aber antwortet nur (Joh 18,21): "Was fragst du mich? Frage die, die gehört haben, was ich zu ihnen geredet habe."

Jesus sieht also keine Notwendigkeit für eine verständliche Antwort und die Priester schlagen ihm verärgert ins Gesicht. Daraufhin erwidert Jesus (Joh 18,23): "Habe ich übel geredet, so beweise, dass es böse ist; habe ich aber recht geredet, was schlägst du mich?"

Mehr erfahren wir nicht über diesen bedeutendsten Prozess der Weltgeschichte: keine konkreten Vorwürfe, keine Anklagen, keine Plädoyers der Verteidigung und nirgendwo Jesus' Argumente

Auch vor Pilatus gibt Jesus noch immer keine vernünftigen Antworten. Pilatus fragt fast bittend (Joh 19,10) "Redest du nicht mit mir? Weißt du nicht, dass ich Macht habe, dich loszugeben?" An dieser Stelle hätten ein paar entgegenkommende Worte gereicht und es hätte nie eine Kreuzigung gegeben.

Nie hätten Christen Juden dafür verantwortlich gemacht und sie millionenfach getötet.

Jesus bleibt in allen Evangelien stur (Mt 27,14): "Und er antwortete ihm nicht auf ein einziges Wort."

Stattdessen erklärt er ungefragt seinen himmlischen Vater zum eigentlichen Verursacher dieses Dramas (Joh 19,11): "Du (Pilatus) hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben her gegeben wäre. Darum: der mich dir überantwortet hat, der hat größ-ere Sünde."

Was dieser Satz bedeuten soll, hat schon viele Theologenköpfe zum Rauchen gebracht. War nun Gott der Übeltäter und eigentliche Sünder?

Es sollte uns im höchsten Maße verwunderlich scheinen, dass Jesus zu keiner Zeit auch nur einige wenige glaubhafte Argumente zu seiner Verteidigung vorbrachte. Alle Gegenspieler signalisierten deutlich Gesprächsbereitschaft, aber Jesus scherte sich nicht darum.

Auch das erweckt den Eindruck, als habe hier einfach ein verurteilter Gottessohn sterben müssen, damit eine neue religiöse Galions-figur entstehen konnte. Vor diesem Hintergrund wird der Prozess zu einer Nebensache, deren Bedeutung allenfalls eine literarische ist.

 

Starb Jesus, weil er sich Messias nannte?

 

Die Evangelien beteuern, Jesus' Behauptung, der Messias zu sein, habe ihm den Tod gebracht. "Doch dieser Ausspruch wäre von den Juden, gleich welcher Partei, damals keineswegs irgendwie für Gotteslästerung gehalten worden", widerspricht der Rabbiner Hyam Maccoby.

"Dieser Titel gehörte in jüdischen Augen zur Königswürde, nicht zur Gottheit. Auch der Titel "Sohn Gottes" war für Juden (nicht aber für Gnostiker) ein menschlicher Titel, der zu verschiedenen Zeiten in den hebräischen Schriften auf Könige wie David, auf ge-wöhnliche Juden und auf Nichtjuden angewendet wurde."

Die Bezeichnung "Christus" war zu jener Zeit bei den Juden kein göttlicher Titel. Jüdische Amtsträger, die man in einer Einsetz-ungszeremonie mit Öl salbte ("Christos" = der Gesalbte) wurden so genannt.

Selbst korrupte römische Angestellte konnten mit "Priester Messias" angesprochen werden. Die Aura von Göttlichkeit und Mystik, die das Wort heute umgibt, hatte es zu Lebzeiten Jesu mit Sicherheit nicht. Die Vorstellung von einem göttlichen Messias war zu jener Zeit unbekannt. Die ersten der Zehn Gebote untersagten die Verehrung eines menschlichen Wesens ausdrücklich.

Schließlich war Jesus in Galiläa, dem Zentrum des Widerstands gegen Rom, dem Geburtsplatz der zelotischen Bewegung, aufge-wachsen. Die Juden hatten also wenig Grund, Jesus umgehend zum Tode zu verurteilen, nur weil er sich als "Messias" und Retter Israels bezeichnet haben soll.

Selbst wenn sie an seinen Fähigkeiten gezweifelt hätten, wäre die vage Hoffnung, er könnte sie vom Joch der Römer befreien und ein neues Reich im Namen Davids ausrufen, Grund genug gewesen, ihn am Leben zu lassen. Nichts hätten sich die Juden jener Zeit mehr gewünscht als die Unabhängigkeit von Rom.

Jeder Aufwiegler, der versucht hätte, die Römer zu vertreiben, wäre bereitwillig als "Messias" oder "König der Juden" anerkannt worden, selbst wenn er nicht der Dynastie Davids entstammt wäre.

In der gesamten jüdischen Literatur gibt es kein Beispiel für eine Person, die angeklagt wurde, weil sie sich für einen Gottessohn ausgegeben hatte. Erst wenn Jesus behauptet hätte, Gott der Allmächtige zu sein, hätte das ernsthafte Konsequenzen haben können (Abgötterei).

 

Starb Jesus, weil er sich König nannte?

 

Im Markus- und Matthäusevangelium stellte Pilatus dem gefangenen Jesus nur die eine Frage (Mk 15,2): "Bist du der König der Juden?" Jesus rechtfertigte sich nicht, argumentierte nicht, sondern antwortete nur gelassen (Mk 15,2): "Du sagst es."

Für die Bibelschreiber war das Grund genug, ihn ans Kreuz zu nageln. Dabei taucht die Bezeichnung "König der Juden" in den Pro-zessakten der Evangelien völlig unvermittelt auf. Nirgendwo werden Ereignisse beschrieben, bei denen diese Selbstbezeichnung ge-äußert wurde.

An keiner Stelle wird erzählt, Jesus habe durch eine Salbung, eine Ernennung, eine öffentliche Verkündigung oder eine andere Tät-igkeit zu erkennen gegeben, dass er diesen Titel beanspruche.

Der biblische Prozessbericht zeigt auch keinen aufrührerischen Jesus. Entweder war er es nicht oder aber es wurde im Laufe der Überlieferungen absichtlich an diesem Bild manipuliert.

Woher kommt denn die angebliche Angst vor dem "König der Juden"? Angst vor einem Mann in einfachsten Kleidern der auf ein-em Esel dahergeritten kommt, keine bewaffneten Anhänger mit sich führt und keine weltlichen Forderungen stellt?

Ein solcher Auftritt kann doch die Mächtigen jener Zeit nicht beunruhigt haben.

Wir dürfen auch davon ausgehen, dass damals wie heute die Welt voll von Messiasverkündern, Teufelsaustreibern und Phantasten war. Sie alle haben die Herrschenden auch nicht erschreckt.

Ihre Sorgen könnte man verstehen, wenn Jesus mit Donner und Blitz vom Himmel gefahren wäre und den Tempel mit einem Hand-streich in Schutt und Asche gelegt hätte.

Ich wüsste auch gern, warum die angeblichen Jünger Jesu nicht verhört wurden? Nur den Kopf einer politischen Bewegung einzu-sperren und die Mitglieder links liegen zu lassen, scheint uns höchst unklug. Es hätte ja plötzlich der nächste verkünden können, "König der Juden" zu sein.

 

Am Kreuz gestorben oder bewusstlos?

 

Unter den Augen der Soldaten stirbt Jesus in Golgatha. Oder ist er vielleicht doch nicht gestorben? War er nur bewusstlos?

Schließlich hatte ihn ein Soldat mit seiner Lanze in die Seite gestochen und es tropften Blut und Wasser heraus.

Wie kann aus einem Toten Blut fließen? Und wie will man erkennen, ob ein in drei Metern Höhe hängender Mensch wirklich tot ist, ohne seine Augen zu sehen oder seinen Puls zu fühlen?

Vielleicht war dem Schwamm mit Essig (mit dem ihm die Frauen kurz zuvor Flüssigkeit eingeflösst haben) ein Narkotikum beige-mischt und Jesus wurde nur betäubt. War das alles nur ein geniales Täuschungsmanöver?

Schließlich konnte jeder damit rechnen, dass man Jesus am Abend vom Kreuz nehmen würde (5. Mose 21,23): "So soll der Leich-nam nicht über Nacht an dem Holz bleiben, sondern du sollst ihn am selben Tage begraben."

Eine konspirative Gruppe hätte ihn also in der Hoffnung betäuben können, dass er für tot gehalten am Abend vom Kreuz genommen würde, ohne dass man ihm vorher die Beine brach.

In der Regel ließen die Römer die Gekreuzigten gefesselt hängen, bis sie qualvoll starben, oft durch langsames Verdursten. In unse-rem Fall setzte sich aber ein reicher Mann aus dem Kreis der Jünger Jesu für diesen ein.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Jesus zu diesem Zeitpunkt noch lebte, ist also überaus groß. Auch Pilatus und die Soldaten konnten kaum glauben, dass Jesus im Gegensatz zu seinen Mitgekreuzigten schon tot sein sollte (Mk 15,44): "Pilatus aber wunderte sich, dass er schon tot sei".

Als Lebenszeichen könnte die blutende Stichwunde gelten, die ihrerseits den Tod nicht hätte herbeiführen können.

Der ehemalige Chef der Narkoseabteilung des Glasgow Royal Infirmary, Dr. W.B. Primrose, geht in einem Buch zu diesem Thema davon aus, dass Christus lebendig ins Grab gelegt wurde: "In diesem speziellen Falle sind wir mit der Tatsache konfrontiert (...) dass nach dem Lanzenstoß immer noch Blutzirkulation vorhanden war." Diese aber hört mit dem letzten Herzschlag auf.

Die Frage, ob Jesus tot oder nur bewusstlos war, ist eine der wichtigsten in unserem Thema. Jesus' Erlösertod und die anschließende Auferstehung sind schließlich die elementaren Grundpfeiler der christlichen Religion.

In ihnen liegt der riesige Unterschied zwischen einem normalen, sterblichen Mann wie Du und ich und einem für die Sünden der Menschen gestorbenen, zum Himmel aufgestiegenen Gottessohn.

Sollte Jesus nämlich nur bewusstlos gewesen sein, wären wir nicht erlöst worden und beteten vielleicht deshalb noch immer ergeb-nislos "Komm, o Herr und erlöse uns!"

 

Die unbemerkte Auferstehung Jesu aus dem Grab

 

Bis zu diesem Zeitpunkt unserer Bibelexkursion könnte Jesus noch immer ein menschlicher Lehrer, Prediger oder umherziehender Vagabund gewesen sein. Erst die Auferstehung würde aus ihm einen Gott oder einen Gottessohn machen.

Deshalb ist es besonders wichtig, die Authenzität der Auferstehung zu hinterfragen. Schon Paulus sah das so (1. Kor 15,14): "Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich." Der christliche Glaube ist in erster Linie ein Auferstehungsglaube.

Doch ausgerechnet über die Auferstehung erzählen die Evangelien nichts! Das leere Grab allein soll der Beweis für das Wunder der Himmelfahrt sein. Auch spätere Bibelautoren wie Paulus schweigen über den Hergang der Auferstehung.

Kein Evangelist übermittelt uns, wie Jesus von den Toten auferstanden ist. Es könnte genauso gut sein, dass er nur erschöpft und be-wusstlos vom Kreuz genommen, zugedeckt und in ein Höhlengrab gelegt wurde. Am nächsten Tag wäre er dann in der Kühle des Grabes wieder aufgewacht. Er hätte den Stein vom Eingang wegrollen und sich heimlich verdrücken können.

Diese Vermutung wurde schon früh geäußert und immer wieder heftig diskutiert. Einige behaupten sogar, Jesus hätte nach der Kreuzigung nicht mehr in Palästina leben können und sei nach Indien ausgewandert. Schließlich war er ein zum Tode Verurteilter.

Im Osten soll er als Yuz Asaf Wunder gewirkt haben. Noch heute kann man in Srinagar, der Hauptstadt des nordindischen Kasch-mir, sein angeblich endgültiges Grab besichtigen.

Angesichts dieser Widersprüche machte sich schon Goethe über die Bibelschreiber lustig: "Offen stehet das Grab. Welch herrlich Wunder, der Herr ist auferstanden! Wer's glaubt! Schelmen, ihr trugt ihn ja weg."

Was war nun wirklich geschehen? Am Sabbat (Freitagabend bis Samstagabend) besuchten Maria Magdalena und Jakobus' Mutter (die eigentlich auch Jesus' Mutter hätte sein müssen) das Grab. Da bebte die Erde schon wieder und ein Engel im weißen Kleid stieg in der Gestalt eines Blitzes vom Himmel.

Die Grabwächter - von denen nur Matthäus berichtet - fielen vor Schreck bewusstlos zu Boden. Der Engel kam aber nur auf die Er-de herunter, um den Frauen mitzuteilen (Mt 28,6): "Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat."

Im Markusevangelium besuchen Maria und Maria Magdalena am Sonntag das Grab. Bei sich haben sie wohlriechende Öle, um den Leichnam Jesu zu salben. Die Frauen sind erstaunt über das offen stehende und unbewachte Höhlengrab.

Drinnen finden sie keinen Toten, sondern einen Jüngling, der ihnen anvertraut (Mk 16,6): "Er ist auferstanden, er ist nicht hier."

Mehr Informationen gibt es nicht.

Nach Matthäus und Markus hatte Jesus also kaum 24 Stunden im Felsengrab verbracht (Mt 28,1), obwohl die Bibel drei Tage Ruhe-pause vor der Auferstehung voraussagte (Mt 12,40): "So wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein."

Maria Magdalena ist eine ziemlich unzuverlässige Augenzeugin, hatte ihr doch Jesus erst kurz zuvor (Mk 16,9) "sieben böse Geist-er" ausgetrieben. Heutzutage würde man sie wahrscheinlich als psychisch (Lk 8,2) krank bezeichnen.

Eine solchermaßen angeschlagene Frau hatte also als erste Person verschwommen den auferstandenen Christus wahrgenommen.

Ohne ihn gleich zu erkennen sah sie (Joh 20,14): "Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist."

In einem Punkt der Auferstehungs- geschichte sind sich die Evangelisten also einig: Niemand hat Jesus' Leichnam gesehen, nie-mand hat ihn auferstehen sehen und alle fanden nur das Grab leer vor.

Eine andere Frage drängt sich auf: Warum versteckte sich Jesus nach seiner Auferstehung?

Das zuvor lautstark angekündigte Ereignis war nun endlich geschehen, aber Jesus musste sich mit seinen Jüngern hinter verschloss-enen Türen treffen (Joh 20,19): "Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen ver-schlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!"

Als auferstandener Gottessohn hatte er doch von Tempelpriestern und Römern nichts mehr zu befürchten. Jetzt wäre die Gelegen-heit gewesen, all jene, die nicht an ihn geglaubt hatten, mit einer kurzen Erscheinung am Himmel zu beschämen.

Schließlich hatte der Superstar der Christenheit seinen Feinden angekündigt (Mt 26,64): "Von nun an werdet ihr sehen den Mensch-ensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels."

Ja, er prahlte sogar (Mt 28,18): "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden."

Ein Messias, der nach seinem Tod aufersteht, sich vor seinen Feinden versteckt und auf Nimmerwieder- sehen verschwindet, soll der Sohn eines allmächtigen Gottes sein?

 

Im Körper oder im Geist auferstanden?

 

Einem kritischen Leser fällt die Unsicherheit der Evangelienschreiber darüber auf, ob Jesus nun leibhaftig oder geistig auferstanden war. Während die Jünger den Auferstandenen so undeutlich wahrnahmen, dass man an eine spirituelle Erscheinung denken könnte, bestand Jesus immer wieder auf seine körperliche Anwesenheit (Lk 24,39): "Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen."

Er forderte die Jünger auf, ihn anzuschauen und aß mit ihnen gemeinsam gebratenen Fisch. Angeblich hinterließ er sogar Fußspur-en, die man nach den Beteuerungen des Kirchenlehrers Beda noch im 8. Jahrhundert gesehen haben will.

Bei Johannes ist der Auferstandene ein physischer Körper, aber auch ein blutleerer Geist. Einerseits ist er so sehr Leib, dass der Jüng-er Thomas seinen Finger in ein Wundmal legen kann, andererseits auch so gespenstisch, dass er vor Maria Magdalena durch die Tür schwebt.

Schon die Evangelisten hatten also Mühe, den Wesenszustand eines Auferstandenen zu beschreiben.

Bei Johannes, dem jüngsten Evangelienschreiber, hat Jesus sogar noch die Macht über seinen eigenen Tod gewonnen. Mehr und mehr wird er zu einem Gott, der sein Leben frei hergeben und "wiedernehmen" kann (Joh 10,18): "Niemand nimmt es von mir, son-dern ich selber lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wiederzunehmen."

Trotz aller Zweifel bezeugen die Evangelisten im Grunde eine fleischliche Wiederkunft und erwarten Jesus als menschlichen Herr-scher, der körperlich in das Geschehen der Welt eingreifen wird (Mt 28,18): "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden."

Erst Paulus, enttäuscht vom jahrzehntelangen Warten und unter dem Einfluss gnostischer Ideen vom gefangenen Geist im sündhaft-en Körper, spricht nur noch von einem geistigen Leib, der aufsteigt (1. Kor 15,44): "Es wird gesät ein natürlicher Leib und es wird auferstehen ein geistlicher Leib."

 

Wann kommt Jesus wieder?

 

Wann wird Jesus wiederkommen? Wann wird er das Reich Gottes endlich ausrufen? Dies ist eine der wenigen Fragen, die in der Bi-bel unmiss- verständlich und immer wieder einhellig beantwortet wird. Wir lesen dort ganz klar und unverschlüsselt, geschrieben im Jahre 80 oder 90: (Mt 10,7): "Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen."

Jesus hätte also schon vor 2000 Jahren sein Reich errichten sollen. Leider warten wir noch immer vergebens und beten inbrünstig: "Komm, Herr Jesus! Komm!" Die ganze Sprache der Evangelien deutet zweifellos auf die Naherwartung des "Reich Gottes" hin.

Jesus versprach seinen Jüngern (Mt 10,23): "Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet (mit eurer Mission) mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt."

Er wurde nicht müde, auf seine baldige Wiederkehr hinzuweisen (Mt 16,28 und Lk 9,27): "Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie den Menschensohn kommen sehen in seinem Reich."

Auch Markus zitierte Jesus' Versprechen

(Mk 13,30): "Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht."

(Mk 9,1): "Und er sprach zu ihnen (den Jüngern): Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmek-ken, bis sie sehen das Reich Gottes kommen mit Kraft."

Die Jünger werden also noch zu Lebzeiten Jesus' Wiederkehr erleben.

(Mk 13,30): "Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht."

(Mt 10,23): "Wenn sie euch aber in einer Stadt verfolgen, so flieht in eine andere. Wahrlich, ich sage euch (den Jüngern): Ihr werdet (mit eurer Mission) mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt."

(Mt 16,28): "Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie den Menschensohn kom-men sehen in seinem Reich."

Die Apostel Markus, Matthäus und Lukas behaupten also einhellig, zu wissen, wann Jesus Reich errichtet werden wird. Alles eine Lüge?

(Offb 1,3): "Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe."

(Offb 3,11): "Siehe, ich komme bald; ..."

(1. Jh 2,18): "Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind nun schon viele Antichrist-en gekommen; daran erkennen wir, dass es die letzte Stunde ist."

(Phil 4,5): "Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe!"

(Hebr 1,2): "... hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn, ..."

(Hebr 10,37): "Denn nur noch eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird nicht lange ausbleiben. ..."

(Jak 5,8): "Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe."

(1. Petr 4,7): "Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. So seid nun besonnen und nüchtern zum Gebet."

Auch Pulus versprach seinen Gemeinden immer wieder, dass sie die Wiederkehr noch persönlich miterleben werden (1. Thes. 4,15): "Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, daß wir, die wir leben und übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind."

Wenn wir in der Bibel auch immer wieder Unklares oder Missverständliches lesen, in dieser Frage scheint Einigigkeit zu herrschen. Nur gut, dass wir heute wissen, dass sie alle unrecht hatten.

 

Jesus Wiederkehr und das Reich Gottes

 

Nach Kreuzigung und Auferstehung hätte endlich das lang ersehnte Ende der bisherigen Welt anbrechen sollen. Aber der kosmische Umbruch und der irdische Triumph Jesu blieben, wie wir alle wissen, bis heute aus. Dabei war sich Lukas noch sicher gewesen, Je-sus (Lk 24,21) "sei es, der Israel erlösen werde", doch damit hatte er sich schon wieder geirrt.

Was hätte nicht alles nach der Auferstehung mit den Menschen geschehen sollen, wenn wir an die vielen Versprechungen Jesu denk-en (Mk 16,17-19): "Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: in meinem Namen werden sie böse Geist-er austreiben, in neuen Zungen reden, Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden."

Wer also glaubt, soll nun Schlangen aufheben und gefahrlos Gift trinken können. Tolle Fähigkeiten! Aber in den vergangenen 2.000 Jahren ist mir trotz der riesigen Zahl tief gläubiger Menschen noch niemand begegnet, der einen tödlichen Schlangenbiss und einen Gifttrank überlebt hat.

Jesus war in seinem Sendungsbewusstsein fest davon überzeugt, das Himmelreich käme noch zu Lebzeiten seiner Jünger.

Die ganze Sprache der Evangelien deutet zweifellos auf diese Naherwartung des "Reich Gottes" hin (Mt 10,7): "Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen." Jesus versprach seinen Jüngern (Mt 10,23): "Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet (mit eurer Mission) mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt."

Er wurde nicht müde, auf seine baldige Wiederkehr hinzuweisen (Mt 16,28 und Lk 9,27): "Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie den Menschensohn kommen sehen in seinem Reich."

Auch Markus zitierte Jesus' Versprechen (Mk 13,30): "Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies all-es geschieht."

Kein Evangelium lässt die Frage offen, wann das Himmelreich auf Erden anbrechen wird (Joh 1,51): "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf und herabfahren über dem Menschensohn." Nichts ist passiert!

Das Alte Testament war noch viel deutlicher gewesen. Dort sollten die gläubigen Menschen gleich zusammen mit dem Messias aus

ihren Gräbern steigen und mit ihm gemeinsam im neuen Gottesreich leben (Hos 6,2): "Nach zwei Tagen wird er uns heilen, am dritt-en Tag werden wir auferstehen und vor ihm leben."

Johannes der Täufer frohlockte vor seinen Glaubensgenossen (Mt 3,2) "Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" und der heilige Apostel Paulus weiß um das Jahr 100 angeblich, wann die letzten Tage anbrechen (Hebr 1,1-2): "Nachdem Gott vor-zeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn."

Die Kirche weiß um dieses Problem und Karl Rahner, ein katholischer Theologe, gibt zu, dass wir "unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, dass es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so, wie er sie sich ‚vorstellte' und in seinen Worten formulierte, sich nicht erfüllt hat."

Natürlich lautet seine Schlussfolgerung aus diesem Dilemma, das katholische Dogma immer vor Augen, dass die Naherwartung eb-en eine Erwartung sei, deren Countdown noch immer laufe. (Seit 2000 Jahren!)

Andere Bibelkenner meinen, das Reich Gottes werde eben nicht auf dieser Welt errichtet, sondern jeder gute Christ werde es nach dem Tod im Himmel erfahren. - Nur sagt davon die Bibel nichts!

Wieder andere halten dieses Reich Gottes für bereits unsichtbar gegenwärtig, man könne es aber nur wahrnehmen, wenn man Jesus' Verkündigung für wahr halte. Es wachse Tag für Tag in den Herzen der Gläubigen und sei in der Kirche lebendig. Das mag ja sein, ist aber mit Sicherheit nicht die Aussage der Bibel.

Wie man es auch dreht und wendet, es bleibt so, wie es der Autor Werner Zager aus Bochum in seinem Buch über Jesus richtig sagt:

"In diesem Punkt hat sich Jesus von Nazareth geirrt."

Johannes war sich sicher, dass nicht nur die Lebenden, sondern sogar die Toten die Wiederkehr Jesu vernehmen werden (Jh. 5,28): "Wundert euch darüber nicht. Denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden."

Jedem guten Christen würde es besonders schmeicheln, wenn diese letzten Tage ausgerechnet zu seinen Lebzeiten ausbrechen würd-en. So erwartete auch Martin Luther das Weltgericht ausgerechnet zu seiner eigenen Lebenszeit.

Seine Reden aus dem Jahr 1524 zum Jüngsten Tag verraten seinen sehnlichen Wunsch: "Ich hoffe ja, der Tag sei nicht weit, und wir wollen ihn noch erleben."

Der Apostel Paulus glaubte anfangs genau wie die Evangelisten, die Wiederkehr Jesu stünde kurz bevor. Immer wieder beschwor er in seinen frühen Briefen das baldige Kommen des Erlösers (1. Kor 7,29): "Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz."

Was bedeutet eigentlich dieses längst überfällige Gottesreich? Der Evangelist Lukas warnt uns gleich, dass man es nicht wird sehen können (Lk 17,20): "Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man's beobachten kann."

Geradezu konträr prophezeit es Matthäus, der es mit unübersehbaren Zeichen am Himmel erwartet (Mt 24,29): "Sogleich aber nach der Bedrängnis jener Zeit wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen."

Klar ist bei allen Evangelisten, dass Jesus höchstpersönlich in führender Position dabei sein und lebend unter uns weilen wird (Lk 22,30): "Und ich will euch das Reich zueignen, wie mir's mein Vater zugeeignet hat, dass ihr essen und trinken sollt an meinem Tisch in meinem Reich."

Das Reich Gottes sollte aber nach bibeltreuer Auslegung kein Himmelreich, sondern ein irdisches und mächtiges Königreich sein (Lk. 1,32): "Und Gott der Herr wird ihm (Jesus) den Thron seines Vaters David (Gründervater Israels) geben, und er wird König sein über das Haus Jakob (Israel) in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben." Leider bis heute alles gelogen.

Jesus machte seinen Jüngern auch unmissverständlich klar, wem dieses Reich Gottes gehören sollte (Lk 12,32): "Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben." Also sind die Juden die Glücklichen. Andere Völker, die Gott ja auch geschaffen hab-en soll, können sehen, wo sie bleiben. Und von Christen ist sowieso nirgendwo die Rede.

Paulus wusste angeblich genau, wie der Wandel zum Gottesreich vorgehen werde und versprach: (1. Thes. 4,17): "Denn er selbst, der Herr, wird (...) herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben (...) mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft."

"Wann kommt Jesus wieder?" - "Wie sieht das Jüngste Gericht aus?"

 

Jesus' Irrtümer und falschen Versprechungen

 

Jesus verkündete und versprach seinen Zeitgenossen vieles, das (auch nach 2000 Jahren) nicht eingetreten ist und er irrte sich in viel-en Fragen, vor allem in wichtigen. Ein paar Beispiele:

Bevor das Weltgericht anbricht und der Messias zurückkehrt, erwartete man im damaligen Judentum die Wiederkehr des Propheten Elia. Als die Jünger Jesu nach diesem Vorzeichen fragten, erklärte er ihnen, dass Elia bereits unter unter uns und demnach das Ende der Zeit ganz nah sei (Mk 9,11-13) "Und sie (die Jünger) fragten ihn (Jesus) und sprachen: Sagen nicht die Schriftgelehrten, daß zu-vor Elia kommen muß?" Jesus antwortet (Mt 17,12): "Elia ist schon gekommen, aber sie haben ihn nicht erkannt"

Leider irrte sich Jesus. Es gab keine Wiederkehr von Elia und die damit erwartete Erneuerung des Judentums und die Befreiung von den römischen Besatzern ist nie eingetreten.

Jesus verspricht, Wünsche in Gebeten zu erfüllen (Joh 14,14): "Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun." Er gibt so etwas wie eine Erfüllungsgarantie, wenn er sagt (Mt 21,22): "Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun."

Natürlich werden jeden Tag Abermillionen von Gebeten und Wünschen im Namen Jesu nicht erfüllt. Der bibeltreue Leser wird nun sagen, die Menschen haben eben zu wenig stark geglaubt, ihre Zweifel waren zu groß. Leider aber liegt es in der Natur des Mensch-en zu zweifeln. Erst recht, wenn Zweifel ausdrücklich verboten sind, sind sie geradezu vorprogrammiert.

Mit dem Wissen um diese menschliche Schwäche kann jeder Versprechungen abgeben und die Nichterfüllung mit Zweifel ent-schuldigen.

Jesus behauptete, der erste zu sein, der in den Himmel aufgestiegen ist (Jh 3,13): "Und niemand ist gen Himmel aufgefahren außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich der Menschensohn." Wieder irrte Jesus. Schon Henoch (Hebr. 11,5) und lange vor ihm Elia (2. Kön 2,11) sind in den Himmel aufgestiegen.

Nach Jesus' Auferstehung soll er zunächst von Kephas und dann von den zwölf Jüngern gesehen worden sein (Kor. 15,4). Das kann aber nicht sein. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Judas nämlich bereits erhängt und der "Ersatzjünger", ein gewisser Matthias (Apo 1,23), war noch nicht gewählt worden.

Jesus behauptete (Jh 14,12): "Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird noch größere als diese tun."

Nach seinen Worten sollten die Gläubigen also noch größere Wunder vollbringen, als er (Mk 16,18): "Auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden." Wieder irrte Jesus, denn die Wundertäter, die wie er Tote erwecken konnten, blieb-en bisher aus.

Über viele Verse hinweg verfluchte Jesus die Pharisäer (Mt 23,13) "Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler." Und warf ihnen alles möglich vor.

Aber Jesus irrte sich hier. Historisch gesehen waren die Pharisäer, damals eine kleine Gruppe, stets darum bemüht, die mosaischen Gesetze einzuhalten. Sie waren sogar besonders beliebt in der Bevölkerung, weil sie sich um die Armen kümmerten, was histor-ische, außerbiblische Quellen belegen.

Theologen halten deshalb diese Bibelbeschimpfungen für nachträglich eingefügt, um die konkurrierende Judensekte zu verunglimpf-en.

Jesus behauptete (Jh 7,38): "Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen." Wer also an Jesus glaubt, der wird diesen Glauben wie lebendiges Wasser an andere Menschen weitergeben können.

Das verstehen wir alle gut. Aber wo steht das in den alten Schriften? Generationen von Theologen haben vergebens danach gesucht, denn schließlich behauptete Jesus "wie die Schrift sagt".

Weiter sagte Jesus zu seinen Jüngern (Mt 22,31) :"Habt ihr denn nicht gelesen von der Auferstehung der Toten, was euch gesagt ist von Gott, der da spricht (2. Mose 3,6)." Dieser Vers von Mose existiert zwar, aber er sagt mit keinem Wort irgend etwas von der Auferstehung der Toten.

Jesus prophezeite, er werde vor seiner Auferstehung 3 Tage und 3 Nächte im Grab liegen bleiben (Mt 12,40): "Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein."

In keinem der Evangelien bleibt Jesus aber so lange im Totenreich.

Verwirrend auch Jesus' Prophezeiung zu dem Verbrecher, der neben ihm gekreuzigt wurde (Lk 23,43): "Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein." Jesus wollte doch 3 Tage und 3 Nächte warten.

Jesus versprach jenen, die Haus und Hof aufzugeben bereit waren, um ihm zu folgen, materiellen Reichtum und danach ewiges Leb-en (Lk 18,30): "Es ist niemand, der Haus oder Frau verläßt um des Reiches Gottes willen, der es nicht vielfach wieder empfange in dies-er Zeit (bei Markus steht 10,30): "jetzt in dieser Zeit", (also noch zu Jesus Lebzeiten) und in der zukünftigen Welt das ewige Leben."

Neue Freunde haben die Jünger in ihrer Gefolgschaft vielleicht gefunden, den versprochenen Reichtum mit Sicherheit aber nicht.

Das Versprechen hört sich auch wie Bauernfängerei an und passt eigentlich schlecht zum allgemeinen Jesus-Verständnis.

Der größte Irrtum Jesu war wohl die völlig falsche Einschätzung der Konsequenzen seines Handelns. Jesus wollte mich Sicherheit keine Loslösung vom Judentum, pochte auf die Einhaltung der bestehenden Gebote und dachte nicht an die Gründung einer neuen Religion oder Kirche.

Wir alle kennen Jesus' Vergleich mit dem Senfkorn, der in drei Evangelien erwähnt wird (Mt 13,32): "Das ist das kleinste unter all-en Samenkörnern; wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum."

Leider irrte Jesus wieder. Das Senfkorn ist botanisch gesehen nicht das kleinste unter den Samenkörnern (auch nicht im damaligen Heiligen Land) und es wird keineswegs so groß wie ein Baum und wird auch niemals alle anderen Pflanzen überragen (Max. mög-liche Größe 3,30 Meter).

Zahlreich sind die Irrtümer und manche hören sich auch kleinlich und engstirnig an. Es wäre auch nicht der Rede wert, sie zu erwähn- en, wäre da nicht die große Anzahl von Widersprüchen, Irrtümern und Unmöglichkeiten. Erst diese große Summe macht das gesamte Werk unglaubwürdig.