Unter allen Geisteskrankheiten, welche "der Mensch in seinem dunklen Drange"
sich systematisch in den Schädel impfte, ist die Gottespest die
allerscheußlichste. Wie alles eine Geschichte hat, so ist auch diese Seuche
nicht ohne Historie; nur schade, daß es mit der Entwicklung von Unsinn zum
Verstand, wie sie im Allgemeinen aus dem Historismus oft gefolgert wird, bei
dieser Art Geschichte ganz gewaltig hapert. Der alte Zeus und sein Doppelgänger,
der Jupiter - das waren noch ganz anständige, fidele, wir möchten sagen
gewissermaßen aufgeklärte Kerle, verglichen mit den jüngsten Drillingssprossen
am Stammbaume der Götterei, welche sich, bei Licht besehen, an Brutalität und
Grausamkeit getrost mit Fitzliputzli messen können.
Wir wollen übrigens mit den pensionierten oder abgesetzten Göttern überhaupt
nicht rechten, denn die richten keinen Schaden mehr an. Die noch amtierenden
Wolkenverschieber und Höllen-Terroristen des Himmels aber wollen wir dafür desto
respektloser kritisieren, blamieren und abführen. Die Christen haben einen
dreifältigen Gott; ihre Vorfahren, die Juden, begnügten sich mit einem
einfältigen. Sonst sind beide Gattungen eine recht heitere Gesellschaft. "Altes
und neues Testament" bilden für sie die Quellen aller Weisheit; daher muß man
diese "heiligen Schriften" wohl oder übel lesen, wenn man sie durchschauen und
verlachen lernen will.
Greifen wir nur die "Geschichte" dieser Gottheiten heraus, so genügt das
eigentlich schon zur Charakteristik des Ganzen vollkommen. In kurzem Abriß ist
die die Sache nämlich die: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde." Er befand
sich mithin zunächst im allgemeinen Nichts, wo es allerdings nüchtern genug
ausgesehen haben mag, um sich als Gott darin zu langweilen. Und da es für einen
Gott eine Kleinigkeit ist, aus Nichts Welten hervor zu zaubern, wie ungefähr ein
Taschenspieler Hühnereier oder Silbertaler aus den Ärmeln schüttelt, so "schuf"
er "Himmel und Erde". Später drechselte er "Sonne, Mond und Sterne" zurecht.
Gewisse Ketzer, so man Astronomen nennt, haben zwar längst festgestellt, daß die
Erde weder Mittelpunkt des Universums ist, noch je gewesen sein kann, noch
überhaupt zu existieren vermochte, bevor die Sonne, um welche sie sich dreht, da
war. Diese Leute haben nachgewiesen, daß es ein reiner Blödsinn ist, von "Sonne
Mond und Sternen" und daneben von der Erde zu reden, als ob dieselbe, verglichen
mit Ersteren, etwas ganz Spezielles und übergewichtiges wäre. Sie haben es
längst jedem Schulbuben eingepaukt, daß die Sonne auch nur ein Stern, die Erde
aber ein Trabant der Sonne, der Mond sozusagen ein Untertrabant der Erde ist,
nicht minder, daß die Erde, verglichen mit dem Weltganzen, weit entfernt, eine
hervorragende Rolle zu spielen, umgekehrt kaum wie ein Sonnenstäubchen sich
ausnimmt.
Was hat sich ein Gott um Astronomie zu kümmern? Er macht, was er will und pfeift
auf Wissenschaft und Logik. Aus diesem Grunde hat er auch nach seiner
Erdenfabrikation zuerst das Licht und hernach die Sonne gemacht. Selbst ein
"Hottentotte" kann heutzutage einsehen, daß ohne Sonne auf der Erde kein Licht
sein kann; aber Gott - hm! der ist ja kein "Hottentott". Aber hören wir weiter!
Die "Schöpfung" war so weit ganz gelungen, aber es war immer noch kein rechtes
"Leben in der Bude". Der Schöpfer wollte sich amüsieren. Daher machte er endlich
Menschen. Er wich dabei merkwürdigerweise ganz von seiner zuvor angewandten
Praxis ab. Statt diese "Schöpfung" durch ein einfaches "Es werde!" zu
bewerkstelligen, machte er ungemein viel Umstände beim "Schaffen". Er nahm einen
ganz prosaischen Lehmkloß zur Hand, modellierte daraus "nach seinem Ebenbilde"
eine Mannesfigur und "blies derselben eine Seele ein." Da aber Gott allweise,
gütig, gerecht, kurzum die Liebenswürdigkeit selber ist, so leuchtete ihm ein,
daß dieser Adam, wie er sein Fabrikat nannte, sich allein ungemein langweilen
dürfte.
(Vielleicht erinnerte er sich dabei an sein vormaliges langweiliges Dasein im
Nichts.) Und so erzeugte er denn eine ganz nette, reizende Eva. Hier hatte ihn
indessen offenbar die Erfahrung gelehrt, daß die Bearbeitung von Lehmklössen
eben doch für einen Gott ein gar zu unreinliches Geschäft sei, weshalb er eine
neue Fabrikationsmethode in Anwendung brachte. Er riß dem Adam eine Rippe aus
und verwandelte dieselbe - Geschwindigkeit ist keine Hexerei, am allerwenigsten
für eine Gott - in ein niedliches Frauenzimmer. Ob die herausgenommene Rippe
Adam später wieder ersetzt wurde, oder ob nach der stattgefundenen Operation
Adam als einseitiger Mensch herum laufen mußte, davon schweigt des Sängers
Höflichkeit.
Die moderne Naturwissenschaft hat festgestellt, daß sich Tiere und Pflanzen im
Laufe von Millionen von Jahren aus einfachen Urschleimgebilden in den
mannigfaltigsten Abzweigungen bis zu ihren jetzigen Formen entwickelt haben. Sie
hat ferner festgestellt, daß der Mensch nichts weiter ist, als das Produkt
dieser Entwicklung, und daß er nicht nur vor so und so vielen Jahrtausenden auch
im engeren Sinne des Wortes ein sehr tierisches Aussehen hatte und keine Sprache
besaß, sondern auch, daß er - jede andere Annahme schließt sich von selbst aus -
aus niedrigen Tierarten hervorgegangen sein muß.
Die Naturwissenschaft läßt mithin Gott mit seiner selbst verkündeten
Menschenmacherei als einen ganz albernen Aufschneider erscheinen. Aber was nützt
das alles! Gott läßt mit sich nicht spaßen. Ob seine Erzählungen
wissenschaftlich klingen, oder sich wie alberner Quatsch anhören, er befiehlt,
daß man daran glaube, widrigenfalls er es geschehen läßt, daß einen der Teufel
(sein Konkurrent) holt, was sehr unangenehm sein soll. In der Hölle herrscht ja
nicht nur beständiges Heulen und Zähneklappern, sonder es brennt auch ein ewiges
Feuer, es nagt ein unermüdlicher Wurm und es stinkt ganz heillos nach Pech und
Schwefel. Alledem soll ein Mensch ohne Leib ausgesetzt werden. Es schmort sein
Fleisch, das er nicht bei sich hat; er klappert mit den längst ausgefallenen
Zähnen; er heult ohne Hals und Lunge; seine in Staub zerfallenen Knochen benagt
der Wurm; er riecht ohne Nase - und das alles ewiglich. Eine verteufelte
Geschichte!
Gott ist überhaupt, wie er in seiner selbstverfassten Chronik, der Bibel, ganz
offen kundig mitteilt, ungemein launig und rachgierig - geradezu ein
Musterdespot. Kaum waren Adam und Eva gemacht, so verstand es sich für ihn von
selbst, daß dieses Pack regiert werden müsse; deshalb erließ er ein
Strafgesetzbuch. Dasselbe lautete Kategorisch: Ihr sollt nicht essen vom Baume
der Erkenntnis! Seitdem hat auch noch nie irgendwo ein gekrönter oder
ungekrönter Tyrann existiert, welcher nicht den Völkern dieses Diktat
zugeschleudert hätte.
Adam und Eva respektierten dieses Verbot nicht. Dafür wurden sie ausgewiesen und
zu lebenslänglicher und auch auf ihre Nachkommen für alle Zeiten zu
übertragender harte Arbeit verdonnert. Der Eva wurden außerdem noch die
"bürgerlichen Ehrenrechte" aberkannt, indem sie als Magd Adam`s deklariert
wurde, dem sie zu gehorchen habe. Unter göttlicher Polizeiaufsicht standen sie
ohnehin schon. Wahrhaftig, so weit hat es selbst Fatzke ihm Schuhriegeln der
Menschen noch nicht gebracht.
Die Strenge Gottes gegen die Menschen nützte indessen gar nichts, vielmehr
ärgerten ihn dieselben, je mehr sie sich vermehrten, desto schmählicher. Und wie
diese Vermehrung von Statten ging, das konnte man schon bei der Geschichte von
Kain und Abel merken. Als der letztere von seinem Bruder totgeschlagen worden,
ging Kain "in ein fremdes Land" und nahm sich ein Weib. Woher das "fremde Land"
mit den dort zu findenden Weibern plötzlich kam, hat der liebe Gott freilich
nicht notiert, was bei seiner damaligen Arbeitsausübung nicht zu verwundern ist.
Endlich war das Maß voll. Gott beschloß, die ganze Menschheit durch Wasser zu
vertilgen. Nur ein paar Leute nahm er aus, um es nochmals zu probieren;
unglüklicher Weise hatte er sich, aller Weisheit ungeachtet, aber schon wieder
einmal vergriffen, denn Noah, der Chef der Geretteten, entpuppte sich bald als
ein großer Söffel, mit dem seine Söhne Allotria trieben. Was konnte aus solch
einer verlotterten Familie Gutes entstehen?
Wieder breitete sich die Menschheit aus; wieder entwickelte sich dieselbe zu
jenen "Rabenäsern" und "Sündenlümmeln", von denen das bekannte Mecklenburger
Gesangbuch soviel Böses zu berichten weiß. Gott hätte bersten mögen vor
himmlischem Zorne, zumal alle seine exemplarischen Lokalzüchtigungen, wie
Austilgung ganzer Städte, durch Pech und Schwefel, "rein für die Katz" waren. So
entschloß er sich , das ganze Gesindel mit Stumpf uns Stiel auszurotten, als ein
höchst sonderbares Ereignis ihn wieder milder stimmte. Andernfalls wäre es
längst um die Menschheit geschehen gewesen.
Eines Tages tauchte nämlich ein gewisser "heiliger Geist" auf. Es ging
demselben, wie dem "Mädchen aus der Fremde" - Niemand wußte, woher er kam. Der
Bibelschreiber (nämlich Gott) sagt nur, er selber sei der heilige Geist. Man hat
es also vorläufig mit einer zweieinigen Gottheit zu tun. Jener "heilige Geist"
kam auf den Einfall, in der Gestalt eines Täuberichs mit einem Frauenzimmer
Namens Maria eine Bekanntschaft anzuknüpfen. Er "überschattete" in einer süßen
Stunde die Auserwählte seines Herzens, und siehe da, sie gebar ein Knäblein, was
indessen, wie Gott in der Bibel ausdrücklich betont, ihrer Jungfräulichkeit
durchaus keinen Abbruch tat. Der früher bemerkte Gott nannte sich nun Gott
Vater, versicherte jedoch gleichzeitig, daß er nicht nur mit dem "heiligen
Geist", sondern auch mit Gottes Sohn vollständig identisch sei. Man denke! Der
Vater war sein eigener Sohn, der Sohn sein eigener Vater, Beide zusammen
außerdem noch "heiliger Geist". So gestaltete sich die "heilige Dreifaltigkeit".
Und nun armes Menschenhirn, halte Stand, denn was jetzt folgt, könnte ein Pferd
umbringen! Wir wissen, daß Gott Vater beschlossen hatte, das Menschenpack zu
frikassieren. Das tat dem Gott Sohn ungemein leid. Er (bekanntlich gleichzeitig
Gott Vater) nahm die ganze Schuld der Menschen auf sich und ließ sich, um seinen
Vater (bekanntlich gleichzeitig Gott Sohn) in seiner Raserei zu beschwichtigen,
von jenem zu erlösenden Gesindel zu Tode schinden - natürlich nicht ohne
nachträglich wieder frisch und froh in den Himmel zu fahren. Diese Aufopferung
des Sohnes (der Eins ist mit dem Vater) machte dem Vater (der Eins ist mit dem
Sohn) einen solchen Höllenspaß, daß er sofort eine allgemeine Amnestie erließ,
welche zum Teil noch heute in Kraft ist.
Das ist der "geschichtliche Teil" der "heiligen Schrift". Man sieht, der
Blödsinn ist dick genug aufgetragen, um Denjenigen, der bereits idiotisiert
genug ist, ihn zu verdauen, empfänglich für irgend einen Wahnwitz zu machen.
Hierher gehört vor allem die Lehre von der Belohnung und Bestrafung des Menschen
im sogenannten "Jenseits". Längst ist es wissenschaftlich erwiesen worden, daß
es ein vom Körper unabhängiges Seelenleben nicht gibt, daß das, was die
Religionsschwindler "Seele" nennen, nichts weiter ist, wie das Denkorgan (Hirn),
welches durch die lebendigen Sinnesorgane Eindrücke empfängt und auf Grund
derselben sich betätigt, und daß mithin im Augenblicke des körperlichen
Absterbens auch diese Regung aufhören muß. Was kümmern sich aber die Todfeinde
des menschlichen Verstandes um die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung?
Gerade so viel, als nötig ist, dieselben nicht ins Volk dringen zu lassen. So
predigen sie denn das "ewige Leben" der menschlichen "Seele". Wehe derselben, im
"jenseits", wenn der Leib, worin sie "diesseits" gesteckt, die Strafgesetze
"Gottes" nicht pünktlich respektierte! Wie uns diese Leute nämlich versichern,
ist ihr "allgütiger, allgerechter, allbarmherziger, gnädiger ect.ect Gott" eine
Ultra- Schnüffelnase, welche sich um jeden Pfifferling eines jeden Einzelnen
bekümmert und jeden "Fehltritt", den ein Mensch macht, in seine Allerweltsakten
einträgt. Dabei ist er ein ganz absonderlicher Kauz. Während er wünscht, daß
neugeborene Kinder unter der Gefahr eines Schnupfens ihm zu Ehren mit kaltem
Wasser begossen (getauft) werden; während er einen Heidenspass hat, wenn
unzählige Glaubensschafe in ihren kirchlichen Ställen ihn litaneimäßig anblöken,
oder wenn ihm die Eifrigsten seines Anhangs ohne Unterlaß fromme Katzenmusik
darbringen und ihn um alle möglichen und unmöglichen Dinge anbetteln (beten);
während er sich in blutige Kriege mischt und als "Schlachtengott" sich von den
Siegern anposaunen und weihräuchern läßt, wird er fuchsteufelswild, wenn Jemand
an seinem Dasein zweifelt, falls er Katholik ist, an Freitagen Fleisch ißt oder
nicht fleißig per Ohrenbeichte seine "Sünden" losscheuert; falls er Protestant
ist, nicht die den Katholiken empfohlenen Heiligenknochen, Muttergotteslappen
und Bilder verachtet, oder wenn er überhaupt nicht mit bockledernen Mienen,
verdrehten Augen, gekrümmten Rücken und gefalteten Händen in der Welt umher
duselt.
Stirbt so ein Mensch in "verstocktem" Zustande, so wird ihm vom "lieben Gott"
eine Strafe zudiktiert, gegen welche alle Hiebe und Knuten und neunschwänzigen
Katzen, alle Zuchthaus- Qualen und Verbannungs-Leiden, alle Empfindungen der
Verdammten auf dem Schaffotte, alle Foltern und Martern, die je ein irdischer
Tyrann ersonnen haben mag, nur angenehme Kitzeleien sind. Dieser "Gott"
überbietet an bestialischer Grausamkeit alles, was auf der Erde Kanailleuses
passieren könnte.
Sein Zuchthaus heißt H ö l l e, die wir bereits kennen, sein Henker ist der
Teufel, seine Strafen dauern ewig. Er gewährt höchstens für leichte Fälle nach
längerer Zeit Begnadigung, vorausgesetzt, daß der betreffende Delinquent als
Katholik gestorben ist. Für einen solchen hat er nämlich unter Umständen das
"Fegefeuer" vorgesehen, welches sich von der "Hölle" ungefähr so unterscheidet,
wie in Preußen das Gefängnis vom Zuchthaus; so ist es nur für verhältnismäßig
kurzzeitige Insassen eingerichtet und hat etwas leichtere Disziplin. Immerhin
brennt es auch im Fegefeuer ganz "gottsträflich". Sogenannte "Todsünden" werden
indessen nie mit Fegefeuer, sondern stets nur mit Hölle geahndet. Hierher gehört
z.B. "Gotteslästerung", gegangen durch Wort, Schrift und Gedanken. Gott duldet
also in dieser Beziehung nicht nur weder Presse-, noch Redefreiheit, sonder er
trifft auch schon die unausgesprochenen Gedanken. überbietet er somit schon an
und für sich an Rüpelhaftigkeit selbst die schuftigsten Despoten aller Länder
und Zeiten, so tut er dies weit mehr noch hinsichtlich der Art und Dauer seiner
Strafmittel. Dieser Gott ist also das denkbar entsetzlichste Scheusal. Sein
Verhalten ist um so infamer, als er von sich behaupten läßt, daß die ganze Welt
und namentlich die Menschheit in all ihrem Tun und Lassen durch seine "göttliche
Vorsehung" reguliert wird. Er malträtiert also die Menschen für Handlungen,
deren Urheber er selber ist! Wie liebenswürdig sind gegenüber diesem Ungeheuer
die Tyrannen der Erde aus vergangener und gegenwärtiger Zeit!- Gefällt es Gott
aber, einen Menschen nach seinen Begriffen gut leben und sterben zu lassen, so -
malträtiert er ihn erst recht. Denn der versprochene "Himmel" ist, wenn man ihn
genau betrachtet, noch ein viel heilloserer Platz, als die Hölle. Man hat da gar
keine Bedürfnisse, sonder ist immer befriedigt, ohne daß je ein Verlangen nach
irgend einer Sache der Befriedigung vorausginge. Da aber ohne Verlangen und
Erlangen gar kein Genuß denkbar ist, so ist das Dasein im Himmel rein genusslos.
Man ist da ewig im Anschauen Gottes versunken; es wird immer auf den nämlichen
Harfen dieselbe Melodie gespielt; man singt fortwährend das "neue Lied, das
schöne Lied", wenn auch nicht "von dem versoffen Nagelschmied", so doch kaum
Anregenderes. Das ist die höchste Potenz der Langweiligkeit Der Aufenthalt in
einer Isolierzelle wäre dem entschieden vorzuziehen. Kein Wunder, daß
diejenigen, welche reich und mächtig genug sind, das Paradies auf Erden
genießen, unter sich mit Heine lachend ausrufen:
"Den Himmel überlassen wir Den Engeln und den Spatzen."
Und doch sind es gerade die Reichen und Mächtigen, welche den Gottesblödsinn und
die Religionsduselei hegen und pflegen. Es gehört das entschieden zum Geschäft.
Ja, es ist für die herrschenden und ausbeutenden Klassen geradezu eine
Lebensfrage, ob das Volk religiös versimpelt wird oder nicht. Mit dem
Religionswahnsinn steht und fällt ihre Macht.
Je mehr der Mensch an Religion hängt, desto mehr glaubt er. Je mehr er glaubt,
desto weniger weiß er. Je weniger er weiß, desto dümmer ist er. Je dümmer er
ist, desto leichter kann er regiert werden! - Dieser Gedankengang war den
Tyrannen aller Länder und Zeiten geläufig, daher standen sie auch steht's mit
den Pfaffen im Bunde. Gelegentliche Streitigkeiten zwischen diesen beiden Sorten
von Menschenfeinden waren sozusagen nur häuslicher Hader um die Obergewalt.
Jeder Pfaff' weiß, daß er ausgespielt hat, sobald die "oberen Zehntausend" ihm
nicht mehr unter die Arme greifen. Jedem Reichen und Mächtigen ist es kein
Geheimnis, daß der Mensch nur dann geknechtet und ausgebeutet werden kann, wenn
die Schwarzkünstler irgend einer Kirche es fertig bringen, genügenden
Sklavensinn in die Herzen der Volksmassen zu pflanzen, denselben die Erde als
"Jammertal" erscheinen zu lassen, ihnen das "göttliche" Diktat: "Seid Untertan
der Obrigkeit!" einzutrichtern, und sie mit einer angeblichen Extrawurst, welche
nach dem Tode im unbekannten Wokenkukuksheim gebraten werden soll, abspeisen.
Der Erzjesuit Windhorst ließ einmal im deutschen Reichstag in der Hitze des
Gefechtes deutlich genug erkennen, wie die Schwindler und Gauner der Welt über
diesen Punkt denken. "Wenn im Volke der Glaube zerstört wird" - sagte er kann es
das viele Elend nicht mehr ertragen und rebelliert!" - das war deutlich und
hätte jeden Arbeiter zum Nachdenken anregen sollen, würde ihn auch stutzig
gemacht haben, wenn - ja wenn nicht so viele religiös zu vernagelt wären, um
noch im Stande zu sein, mit normalen Ohren zu hören und einfache Dinge zu
begreifen.
Umsonst haben die Pfaffen - d.h. die schwarzen Gendarmen des Despotismus - sich
nicht stets so ungeheuer abgemüht, den Rückgang des religiösen Wesens
aufzuhalten, obwohl sie selbst bekanntlich unter sich vor Lachen bersten möchten
ob des Blödsinns, den sie gegen gute Bezahlung predigen. Jahrtausende hindurch
haben diese Gehirnverhunzer einfach ein Schreckensregiment geführt, ohne welches
die religiöse Tollhäusigkeit längst ein Ende genommen hätte. Galgen und Schwert,
Kerker und Ketten, Gift und Dolch, Meuchel- und Justizmord - das waren ihre
Mittel zur Aufrechterhaltung dieses Wahnsinns, der ein ewiger Schandfleck in der
Geschichte der Menschheit bleiben wird. Hunderttausende sind auf Scheiterhaufen
langsam "im Namen Gottes" geröstet worden, weil sie es gewagt, den biblischen
Mist stinkend zu finden. Millionen von Menschen wurden gezwungen, sich in
langwierigen Kriegen die Köpfe gegenseitig einzuschlagen, ganze Länder zu
verwüsten und nach Mord und Brand die Pest zu erzeugen - nur damit die Religion
erhalten blieb. Die raffiniertesten Foltern wurden Seitens der Pfaffen und ihrer
Helfershelfer ersonnen, wenn es galt, diejenigen, welche vor Gott keine Furcht
mehr hatten, durch irdische Teufeleien neuerdings in Religiosität
hineinzuschrecken.
Man nennt einen Menschen einen Verbrecher, der anderen Hände und Füße
verstümmelt. Wie soll man Jene bezeichnen, welche das Hirn zu Grunde richten,
und, wenn ihnen das nicht gelingen will, den ganzen Körper mit ausgesuchter
Grausamkeit Zoll für Zoll verderben?
Wohl ist wahr: Diese Strolche können heute ihr göttliches Banditengewerbe nicht
mehr in der althergebrachten Weise treiben, wenn auch Gotteslästerungsprozesse
und dergl. immer noch vorkommen; dafür haben sie sich aber desto mehr auf
Familienschleicherei, auf Weiberbeeinflussung, auf Kinderfang und Mißbrauch der
Schule geworfen. Ihre Heuchelei hat eher zu- als abgenommen. Selbst der Presse
haben sie sich in einem sehr hohen Grade bemächtigt, seitdem sie bemerkten, daß
sie nicht mehr im Stande seien, die Buchdruckerei als solche wieder aus der Welt
zu schaffen. "Wo ein Pfaff hintritt, wächst zehn Jahre lang kein Gras mehr",
lautet ein altes Sprichwort. Das heißt mit anderen Worten: Ein Mensch, der
einmal den Pfaffen unter die Klauen geraten ist, hat aufgehört, gedanklich
fruchtbar zu sein. Seine Gehirnmaschinerie stockt, statt derselben kriechen
religiöse Maden und göttliche Würmer in seinem Schädel umher. Er gleicht einem
Schafe, das die Drehkrankheit hat. Diese Unglücklichen sind um ihren eigenen
Lebenszweck betrogen und, was noch schlimmer ist, bilden den großen Troß im
Gefolge der Widersacher von Wissenschaft und Aufklärung, von Revolution und
Freiheit. Wo immer es gilt, neue Ketten für die Menschheit zu schmieden: sie
sind bereit, in stumpfsinnigem Unverstand wie besessen darauf loszuhämmern. Wenn
gegen die fortschreitende Entwicklung der Dinge Hindernisse in den Weg gewälzt
werden sollen - diese Unglücklichen werfen sich nötigenfalls in ihrer ganzen
breiten Masse dem Strome der Zeit entgegen. Wenn man sich daher anschickt, diese
Geisteskrankheit zu kurieren, so tut man nicht nur ein gutes Werk den
Betreffenden gegenüber, sondern man steht auch im Begriffe, einen Krebsschaden
auszubrennen, an welchem das ganze Volk leidet, und der schließlich unbedingt
total ausgetilgt werden muß, wenn die Welt endlich eine Stätte für Menschen
werden soll, statt, wie bisher, ein Spielplatz für Götter und Teufel, welche mit
uns Schindluder treiben. Heraus also mit der Religion aus den Köpfen und nieder
mit den Pfaffen! Die Letzteren pflegen zu sagen, der Zweck heiligt die Mittel.
Wohlan! Wenden wir diesen Grundsatz endlich auch gegen sie an! Unser Zweck ist
die Befreiung der Menschheit aus jeglicher Sklaverei, aus dem Joche sozialer
Knechtschaft, wie aus dem Fesseln politischer Tyrannei, nicht minder, ja vor
allem, aus dem Banne religiöser Finsternis. J e d e s Mittel zu Erreichung
dieses hohen Zieles muß von allen wahren Menschenfreunden für recht erkannt und
bei jeder darbietenden Gelegenheit in Anwendung gebracht werden.
Jeder religionslose Mensch begeht eine Pflichtvernachlässigung, wenn er täglich
und stündlich nicht alles aufbietet, was in seinen Kräften steht, die Religion
zu untergraben. Jeder von Gottesglauben Befreite, der es unterläßt, das
Pfaffentum zu bekämpfen, wo und wann und wie er nur immer Gelegenheit dazu hat,
ist ein Verräter seiner Sache. Also Krieg dem schwarzen Gesindel -
unversöhnlicher Krieg bis aufs Messer! Aufreizung gegen die Verführer,
Aufklärung für die Verführten! Lasset uns jedes Mittel des Kampfes in unsere
Dienste nehmen: Die Geisel des Spottes, wie die Fackel der Wissenschaft; wird
diese nicht zureichen, - greif- und fühlbarere Argumente!
Vor allem hüte man sich, in der Arbeiterbewegung Gottesphrasen und
Religionsgefasel schweigend mitanzuhören. So wenig in de Lager der sozialen
Revolution - und was außerhalb desselben steht, ist eben reaktionär -
monarchistische Agitationen oder Privateigentums- Beschönigungen Raum finden
können, so wenig ist in demselben Platz für göttlichen Blödsinn. Und, wohl
gemerkt: je "anständiger" diejenigen erscheinen, welche das verfluchte
Religionsblech mit den Arbeiterbestrebungen vermischen wollen; je "besser" deren
Ruf ist, desto g e f ä h r l i c h e r sind sie. Wer den Gottesschwindel in i r
g e n d einer Form predigt, kann nur ein Dummkopf oder ein Schurke sein. Beide
Sorten taugen nichts zur Förderung einer Sache, welche nur dann ihr Ziel zu
erreichen vermag, wenn sie voll und ganz auf der Höhe wissenschaftlicher
Erkenntnis steht und sich der Ehrlichkeit ihrer Verfechter erfreut.
Opportunitätspolitik ist da nicht bloß von übel, sie ist ein V e r b r e c h e
n. Lassen die Arbeiter irgend welche Pfaffen sich in ihre Angelegenheiten
mischen, so sind sie nicht nur belogen und betrogen, sonder auch alsbald
verraten und verkauft. So selbstverständlich es ist, daß der Hauptkampf des
Proletariats sich gegen den Kapitalismus zu richten hat und mithin auch auf die
Zerstörung des Gewaltmechanismus desselben, des Staates, abzielen muß, so wenig
darf in ihrem Kampfe die Kirche außer Acht gelassen werden. Die Religion muß
systematisch im Volke untergraben werden, wenn dasselbe zu Verstand kommen soll,
ohne welchen es nicht die Freiheit erringen kann.
Für die Dummen, resp. Verdummten, so weit sie noch besserbar erscheinen, werfe
man u. A. folgende Fragen auf: Wenn Gott will, daß man ihn kenne, liebe und
fürchte, w a r u m z e i g t e r s i c h n i c h t ? Ist er so gut wie die
Pfaffen sagen, welchen Grund hat man, ihn zu fürchten? Ist er allwissend,
weshalb belästigt man ihn mit seinen Privatangelegenheiten und Gebeten? Ist er
allgegenwärtig, wozu ihm Kirchen bauen? Ist er gerecht, weshalb denkt man denn,
er werde die Menschen bestrafen, welche er voller Schwäche erschuf? Tun die
Menschen nur aus Gottes Gnade gutes, welchen Grund hätte er dann, sie dafür zu
belohnen? Ist er allmächtig, wie könnte er es zulassen, daß wir ihn lästern? Ist
er aber unbegreiflich, weshalb beschäftigen wir uns mit ihm? Ist die Kenntnis
von Gott notwendig, weshalb schwebt er im Dunkel? U.s.w. Vor solchen Fragen
steht der gläubige Mensch, wie ein Ochs vor dem Berge.
Jeder Nachdenkende muß aber zugeben, daß n i c h t e i n e i n z i g e r B e w e
i s für die Existenz eines Gottes je erbracht worden ist. Außerdem liegt nicht
die geringste Notwendigkeit für die Existenz eines Gottes vor. So wie wir
bereits die Eigenschaften und Regeln der Natur kennen, ist ein Gott in oder
außerhalb derselben geradezu zwecklos, gänzlich überflüssig und mithin ganz von
selbst hinfällig. Sein "moralischer" Zweck ist noch nichtiger. Es gibt ein
großes Reich, in welchem ein Herrscher regiert, dessen Verfahren den Geist
seiner Untertanen in Unordnung bringt. Er will gekannt, geliebt und geehrt sein,
und alles bemüht sich, die Begriffe zu verwirren, die man sich von ihm machen
kann. Die Völker, welche seiner Gewalt unterworfen sind, besitzen über den
Charakter und die Gesetze ihres unsichtbaren Souveräns bloß solche Ideen, als
ihnen seine Minister mitteilen; diese hingegen geben es zu, daß sie selbst keine
Vorstellungen von ihrem Meister sich machen können, daß sein Wille
unerforschlich, seine Ansichten und Eigenschaften unergründlich sind; so sind
seine Diener unter sich selbst nie einig über die Gebote, die sie von ihm
auszugeben vorgeben, dessen Organe sie sich nennen; er verkündet dieselben in
jeder Provinz seines Reiches verschieden; sie schmähen sich gegenseitig und
Einer beschuldigt den Anderen des Betruges und der Verfälschung. Die Edikte und
Gebote, welche sie zu verkünden beauftragt zu sein vorgeben, sind dunkel; es
sind Rätsel, die von den Untertanen, denen sie zur Belehrung gegeben sein
sollen, nicht verstanden und nicht erraten werden können. Die Gesetze des
verborgenen Monarchen bedürfen der Erklärungen, doch Jene, die sie erklären,
sind nie unter sich einig; Alles, was sie von ihrem verborgenen Fürsten
erzählen, ist ein Chaos von Widersprüchen; sie sagen auch nicht ein Wort, das
sich nicht auf der Stelle als Lüge erweisen ließe. Man nennt ihn außerordentlich
gut; dennoch gibt es auch nicht einen Menschen, der sich nicht über seine
Beschlüsse beklagt. Man nennt ihn unendlich weise, und in seiner Verwaltung
scheint alles der Vernunft und dem gesunden Verstand entgegen zu sein. Man rühmt
seine Gerechtigkeit und die besten seiner Untertanen sind gewöhnlich die am
wenigsten Begünstigten. Man versichert, daß er alles sieht, und seine
Allgegenwart heilt nichts. Er ist, sagt man, ein Freund der Ordnung, und in
seinem Staate ist alles in Verwirrung und Unordnung. Er tut alles aus sich
selbst, aber die Ereignisse entsprechen selten seinen Plänen. Er sieht alles
voraus, aber er weiß nicht, was da kommen wird. Er läßt sich nicht ungestraft
beleidigen und dennoch duldet er die Beleidigung eines Jeden. Man bewundert sein
Wissen, die Vollkommenheit seiner Werke, dennoch sind seine Werke unvollkommen
und von kurzer Dauer. Er schafft, zerstört und verbessert an dem , was er
gemacht hat, ohne je mit seinem Werke zufrieden zu sein. Bei allen seinen
Unternehmungen sieht er nur auf seinen eigenen Ruhm, dennoch erreicht er den
Zweck, allgemein gerühmt zu werden, nicht. Er arbeitet bloß an dem Wohlergehen
seiner Untertanen, aber denselben mangelt größtenteils das Notwendigste. Jene,
die er am meisten zu begünstigen scheint, sind gewöhnlich am wenigsten mit ihrem
Schicksal zufrieden; man sieht sie fast alle stets gegen einen Herren sich
auflehnen, dessen Größe sie bewundern, dessen Weisheit sie rühmen, dessen Güte
sie verehren, dessen Gerechtigkeit sie fürchten und dessen Gebote sie heiligen,
welche sie nie befolgen. - Dieses Reich ist die Welt; dieser Herrscher ist Gott;
seine Diener sind die Pfaffen, die Untertanen die Menschen, - eine schöne
Gegend!
Der Gott der Christen speziell ist, wie wir gesehen haben, ein Gott, der
Verheißungen macht, um sie zu brechen; der Pest und Krankheiten über die
Menschen kommen läßt, um sie zu bessern. Ein Gott, der die Menschen nach seinem
Ebenbilde schuf und doch nicht der Urheber des Bösen sein soll; der sah, daß
seine Werke sehr gut waren, und doch bald vernahm, daß sie schlecht sind; der es
wußte, daß die Menschen von der verbotenen Frucht essen würden, und dennoch
dafür das ganze Menschengeschlecht verdammte.
Ein Gott, der so schwach ist, um sich vom Teufel überlisten zu lassen, so
grausam, daß ihm kein Tyrann der Erde verglichen werden kann, das ist der Gott
der jüdisch- christlichen Götterlehre.
Derselbe ist ein a l l w e i s e r Pfuscher, der die Menschen vollkommen erschuf
und sie doch nicht vollkommen erhalten konnte, der den Teufel erschuf und ihn
doch nicht zu beherrschen vermag, ein A l l m ä c h t i g e r, der Millionen
Unschuldiger verdammte wegen des Fehlers Einiger; der durch die Sündflut alle
Menschen vertilgte bis auf einige, und ein neues Geschlecht erzeugen ließ, nicht
besser als der frühere; der einen Himmel machte für die Toren, die an die
Evangelien glauben, und eine Hölle für die Weisen, die sie verwerfen. - Er ist
ein göttlicher Quacksalber, der sich durch den heiligen Geist selbst erzeugte;
der sich selbst als Vermittler sandte zwischen sich und Anderen; der, verachtet
und verhöhnt von seinen Feinden an ein Kreuz genagelt wurde wie eine Fledermaus
an ein Scheunentor; der sich begraben ließ, von den Toten auferstand, die Hölle
besuchte, lebendig in den Himmel fuhr und nun seit neunzehnhundert Jahren zur
rechten Hand seiner selbst sitzt, um zu richten die Lebendigen und die Toten,
dann, wenn es keine Lebendigen mehr geben wird. Er ist ein s c h r e c k l i c h
e r Tyrann, dessen Geschichte mit Blut geschrieben sein sollte, weil sie eine
Religion des Schreckens ist.
Hinweg denn mit der christlichen Götterlehre; hinweg mit einem Gott, erfunden
durch Priester des blutigen Glaubens, die ohne ihr wichtiges N i c h
t s, womit sie alles erklären, nicht länger im überfluß schwelgen, nicht länger
Demut predigen und selbst im Glanze leben; nicht länger Sanftmut predigen und
Hochmut üben, sondern durch die Aufklärung in den Abgrund der Vergessenheit
geschleudert werden. Hinweg denn mit der grausamen Dreieinigkeit - dem
mörderischen Vater, dem unnatürlichen Sohn, dem wollüstigen Geist! Hinweg mit
all den entehrenden Phantasmen, in deren Namen die Menschen zu elenden Sklaven
entwürdigt und durch die Allmacht der Lüge von den Mühen der Erde auf die
Freuden des Himmels verwiesen werden. Hinweg mit ihnen, die mit ihrem
geheiligten Wahne der Fluch der Freiheit und des Glückes sind!
Gott ist nur ein von raffinierten Schwindlern erfundenes Gespenst,
vermittelst welchem die Menschen bisher in Angst erhalten und tyrannisiert
wurden. Aber das Truggebilde zerfließt sofort, wenn es unter dem Glase
nüchterner Untersuchung betrachtet wird; und die betrogenen Massen werden
unwillig, auf solche Popanzen noch länger zu achten, vielmehr führen sie den
Pfaffen die Worte des Dichters zu Gemüte:
"Ein Fluch dem Götzen, zu dem wir gebeten
In Winterkälte und Hungersnöten.
Wir haben vergebens gehofft und geharrt;
Er hat uns geäfft, gefoppt und genarrt."
Sie lassen sich hoffentlich nicht mehr lange äffen, foppen und narren, sonder
stecken eines schönen Tages die Kruzifixe und Heiligen in den Ofen, verwandeln
die Monstranzen und Kelche in nützliches Geschirr, benützen die Kirchen als
Konzert-, Theater-, oder Versammlungslokale, oder, falls sie dazu nicht taugen
sollten, als Kornspeicher und Pferdeställe, hängen die Pfaffen und Nonnen ins
Glockenhaus und können bloß das Eine nicht begreifen; wieso es kam, daß nicht
schon längst derartig verfahren wurde.
Dieser kurze, bündige und einzig praktikable Prozeß wird sich natürlich erst im
Sturme der kommenden sozialen Revolution vollziehen, d.h. in dem Augenblick, wo
man auch mit den Komplizen der Pfaffheit, den Fürsten, Junkern, Bürokraten und
Kapitalisten "Tabula rasa" macht, Staat und Gesellschaft aber, gleich der
Kirche, mit eisernem Besen gründlich ausmisten wird.